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Bürger · Bürgerin Staatsbürger · Staatsbürgerin

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Für Bürger, das seit dem Althochdeutschen überliefert ist, wird eine Ausgangsbedeutung Verteidiger, Bewohner einer befestigten Siedlung angenommen. Seit dem Mittelhochdeutschen ist auch das Femininum Bürgerin bezeugt. Von der Bedeutung Bewohner einer befestigten Siedlung ausgehend hat sich das Wort über die Jahrhunderte in mehreren Schritten weiterentwickelt, so zunächst zu Einwohner einer Stadt und dann ab Mitte des 17. Jahrhunderts zu Einwohner eines Landes, Staatsbürger (dazu im 18. Jahrhundert auch das Kompositum Staatsbürger). Unter Einfluss von französisch bourgeois erhält Bürger Mitte des 19. Jahrhunderts die negativ konnotierte Lesart Angehöriger der besitzenden Klasse.

Wortgeschichte

Herkunft und ältere Wortgeschichte

Auf den ersten Blick ist die Personenbezeichnung Bürger als -er-Ableitung zum Substantiv Burg zu beschreiben. Historisch gesehen ist dies aber wahrscheinlich nicht die ursprüngliche Bildungsweise. Es gibt vielmehr Indizien dafür, dass es sich zunächst um ein Kompositum der Vorläuferform von Burg mit einem Zweitelement handelt, das etymologisch mit Wehr Verteidigung zusammenhängt. Die Ausgangsbedeutung des Wortes ist demnach Verteidiger einer Befestigungsanlage; aus dieser noch im Mittelhochdeutschen belegten Bedeutung hat sich dann per Metonymie Einwohner einer Befestigungsanlage entwickelt (vgl. AWB 1, 1539, MWB 1, 1 1139, zur Herkunft vgl. Pfeifer unter BürgerDWDS sowie 25Kluge, 163).

Ein wichtiger Schlüssel für die semantischen Entwicklungen des Wortes liegt in der Bedeutung des Erstglieds Burg. In älterer Zeit steht dieses nicht allein für Burg im heutigen Verständnis, sondern allgemein für eine befestigte Ansiedlung. Das Wort kann sich demnach sowohl auf einen befestigten Herrensitz als auch eine Stadt oder Siedlung mit Verteidigungsanlage beziehen. Das Bindeglied zu den späteren Bedeutungen liegt dann in der Verwendung Einwohner einer Stadt, während die Lesart Bewohner einer Burg sprachhistorisch folgenlos bleibt.

Bedeutungsverengung: Stadtbewohner und Patrizier

Mit dem Wohnen in einer Stadt sind seit dem Hochmittelalter auch bestimmte Rechte verbunden, die in Städteverfassungen kodifiziert werden. Bürger (bzw. mittelhochdeutsch burgære) bezeichnet damit nicht nur den Stadtbewohner, sondern ein freies, vollberechtigtes Mitglied einer Stadtgemeinde. Das Wort Bürger erhält hier erstmals wichtige rechtliche Implikationen.1) Mit der Lesart Stadtbewohner werden auch die lexikalischen Gegensätze Bürger vs. Bauer und Bürger vs. Adliger etabliert (vgl. für das Mittel- und Frühneuhochdeutsche DRW 2, 592 sowie ferner 1605, 1663).

Von der Bedeutung Stadtbewohner, Mitglied einer Stadtgemeinde ausgehend entwickelt sich das Wort dann in mehrere Richtungen weiter. So ist bereits im 13. Jahrhundert eine Spezialisierung auf Angehöriger des Patrizierstandes, Ratsmitglied zu greifen (s. dazu 2DWB 5, 1015). Im Zuge dieser Bedeutungsverengung wird eine besonders prominente und privilegierte Gruppe aus der Gesamtheit der Stadtbewohner – gewissermaßen der Prototyp des Städters schlechthin – herausgegriffen und mit dem Ganzen gleichgesetzt (für einschlägige Belege vgl. DRW 2, 592).

Vom Stadtbewohner zum Staatsbürger

Die Bedeutung Einwohner einer Stadt, Mitglied einer Stadtgemeinde ist aber wohl auch Ausgangspunkt für eine weitere semantische Neuerung, nämlich für die Herausbildung der Bedeutungen Einwohner eines Landes und später auch Staatsbürger. Zwar finden sich im 17. Jahrhundert noch Belege, in denen Bürger als klar unterscheidbare Gruppe von Städtern innerhalb der Einwohnerschaft eines Landes beschrieben werden (1639); gleichwohl ist spätestens ab 1660 auch die Lesart Einwohner eines Landes bezeugt (1668, 1691). Letztlich liegt dieser semantischen Innovation wohl eine Metonymie zugrunde, in deren Zug eine prominente Teilgruppe – die Einwohner einer Stadt – mit der gesamten Einwohnerschaft eines Landes identifiziert werden.

Dass die Bedeutung Einwohner eines Landes, Staatsbürger in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts etabliert ist, wird auch durch Übertragungen wie ein Bürger dieser Welt bzw. Erde indirekt bezeugt (vgl. 1679, 1704): Welt bzw. Erde sind hier als Länder zu fassen, denen man im bildlichen Sinn zugehören kann (dementsprechend auch Weltbürger). In der Lesart Staatsbürger ist Bürger vor allem in der Zeit der Französischen Revolution mit stark positiven Konnotationen verbunden: Bürger ist hier zu einem Fahnenwort geworden, dessen Gebrauch eine Identifikation mit der Revolution bzw. der Republik signalisiert; es wird sogar als eine sämtliche Standesunterschiede nivellierende Anrede gebraucht, so dass es statt Herr/Frau N. o. ä. nunmehr Bürger/Bürgerin N. heißt (vgl. 1791, 1797). Diese Verwendung lehnt sich naheliegenderweise eng an das Vorbild von französisch citoyen an (vgl. TLFi unter citoyen). Der Bürger als Staatsbürger wird aber auch später noch und auch in anderen Zusammenhängen oft positiv konnotiert. Dies gilt vor allem für die Idealgestalt des mündigen Bürgers, der selbstbewusst und kritisch am politisch-gesellschaftlichen Leben teilnimmt (1907a, 1997, 2017).

Das Kompositum Staatsbürger, das um 1780 zuerst in juristischen Texten belegt ist (vgl. 1779), stellt eine verdeutlichende Wortbildung zu genau dieser Bedeutung von Bürger dar. Angesichts der Vielzahl der im 18. Jahrhundert konkurrierenden Lesarten des Wortes Bürger kann dieses in gewissem Sinne als semantisch überladen gelten, so dass das Kompositum Staatsbürger hier für die nötige Abgrenzung sorgen kann. Staatsbürgerin ist ebenfalls seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert belegt, zunächst mit Bezug auf Verhältnisse der Antike (1798) und die Französische Republik der Revolutionszeit (1854) sowie später dann im Kontext der Frauenbewegung.

Bürger und Bourgeois in den Klassenkämpfen des Industriezeitalters

Anknüpfend an die ältere Bedeutung Patrizier und sicherlich auch unter Einfluss von französisch bourgeois wird Bürger im 19. Jahrhundert zu einer Standesbezeichnung, die diesen nicht so sehr – wie noch lange üblich – vom Bauern bzw. Adligen, sondern vor allem vom Arbeiter und ProletarierWGd abhebt. Bürger und Arbeiter treten nun deutlich als Vertreter unterschiedlicher Klassen in Erscheinung (1845). Bürger in diesem Sinne sind nun Angehörige der besitzenden Gesellschaftsschicht, die damit von den besitzlosen Proletariern bzw. Arbeitern abgegrenzt sind (1920).

Gleichwohl entwickelt sich das Wort in dieser Bedeutung nie zum politischen Schlagwort. So ist in Textzeugnissen aus der Zeit der sogenannten bürgerlichen RevolutionWGd von 1848/49 häufig die Rede davon, dass große Teile des Bürgertums durchaus nicht gegen, sondern gemeinsam mit der Arbeiterschaft gegen feudale Verhältnisse kämpfen (vgl. 1848c, 1848a). Auch noch im Sprachgebrauch der DDR finden sich zahlreiche Verbindungen, in denen gerade kein Gegensatz etabliert wird (wie 1961). Einer negativen Aufladung steht wohl vor allem die seit langem etablierte Bedeutung Staatsbürger entgegen (vgl. 1968).

Auch für Bürger als Bezeichnung einer Klasse besteht angesichts des breiten semantischen Spektrums, das dieses Wort hat, offenbar das Bedürfnis nach Differenzierung und Verdeutlichung (dieses Bedürfnis illustriert ein Beleg von 1848b). Da Bürger kaum zum Stigmawort taugt, wird von Schriftstellern, die dem Sozialismus zuzurechnen sind, häufig auch das Lehnwort BourgeoisWGd verwendet, wenn es um eine deutliche Kenntlichmachung des Klassenfeindes geht.

Bürger als Sozialfigur

Seit dem 19. Jahrhundert ist auch ein Stereotyp des Bürgers im Umlauf, das diesem bestimmte Eigenschaften zuschreibt: Ein Bürger ist auch im Hinblick auf seinen ästhetischen Geschmack eher konservativ, er ist wenig innovativ, eher prüde, brav, unbescholten oder auch saturiert (1900, 1907b, 1928, 1951, 1988, 2001). Die mit dem Bürger als Sozialfigur assoziierten Eigenschaften kommen dann in verschiedenen Verwendungen des Adjektivs bürgerlichWGd zum Tragen.

Das Femininum

Die movierte Form Bürgerin, die seit dem Mittelhochdeutschen belegt ist, zeigt die geschilderten Bedeutungsübergänge weitgehend in übereinstimmender Folge: Das Wort bedeutet somit in älterer Zeit zuerst Burgbewohnerin, von dort ausgehend Einwohnerin einer Stadt (die freilich z. B. üblicherweise nicht in der Ratsversammlung vertreten ist) sowie Angehörige des Patrizierstandes (dazu MWB unter burgærinne sowie DRW 2, 598; vgl. auch 1579). In der Bedeutung Staatsbürgerin kommt das Femininum seit dem 18. Jahrhundert auf (1801, 1903).

Ebenso wie Bürger tritt auch Bürgerin Staatsbürgerin als Fahnenwort der Französischen Revolution und der Republik in Erscheinung (vgl. 1797). Um 1900 spielt die Diskussion um das Frauenwahlrecht eine besondere Rolle, durch welches Frauen erst vollständig die staatsbürgerlichen Rechte erlangen (als Beleg für die Debatte vgl. 1911). In der Bedeutung Angehörige der besitzenden Klasse, die für das maskuline Pendant seit der Mitte des 19. Jahrhunderts geläufig ist, wird Bürgerin nur selten verwendet; die sozialistische Publizistik zielt hier offenbar ganz auf die männlichen Standesvertreter als Gegenspieler des Proletariats.

Im 18. Jahrhundert tritt auch Bürger(s)frau als Bezeichnung für weibliche Angehörige des Bürgerstandes hinzu, hier in erster Linie aber wohl als Ehefrau eines Bürgers, weniger als eigenständig agierende Person bürgerlichen Standes aufgefasst (1743).

Anmerkungen

1) Zu dieser Bedeutungsentwicklung und zur Bedeutung des mittelhochdeutschen und mittelniederdeutschen Wortes überhaupt vgl. Schmidt-Wiegand 1980, 107–109.

Literatur

AWB Althochdeutsches Wörterbuch. Auf Grund der von Elias von Steinmeyer hinterlassenen Sammlungen. Im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig bearb. von Elisabeth Karg-Gasterstädt und Theodor Frings. Bd. 1 ff. Berlin 1968 ff. (saw-leipzig.de)

DRW Deutsches Rechtswörterbuch. Wörterbuch der älteren deutschen Rechtssprache. Bis Bd. 3 hrsg. von der Preußischen Akad. der Wiss., Bd. 4 hrsg. von der Deutschen Akademie der Wissenschaften (Berlin, Ost), ab Bd. 5 hrsg. von der Heidelberger Akademie der Wissenschaften (bis Bd. 8 in Verbindung mit der Akademie der Wissenschaften der DDR). Bd. 1 ff. Weimar 1912 ff. (adw.uni-heidelberg.de)

2DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Neubearbeitung. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vormals Deutsche Akademie der Wissenschaften) und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 1–9. Stuttgart 1983–2018. (woerterbuchnetz.de)

25Kluge Kluge – Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearb. von Elmar Seebold. 25., durchgesehene und erweiterte Aufl. Berlin/Boston 2011.

MWB Mittelhochdeutsches Wörterbuch. Im Auftr. der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Hrsg. von Kurt Gärtner, Klaus Grubmüller und Karl Stackmann. Bd. 1 ff. Stuttgart 2006 ff. (mhdwb-online.de)

Pfeifer Pfeifer, Wolfgang u. a.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. (dwds.de)

Schmidt-Wiegand 1980 Schmidt-Wiegand, Ruth: Burgensis/Bürger. Zur Geschichte von Wort und Begriff nach Quellen des ostmitteldeutschen Raums. In: Josef Fleckenstein/Karl Stackmann (Hrsg.): Über Bürger, Stadt und städtische Literatur. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1975–1977. Göttingen 1980, S. 106–126.

TLFi Trésor de la langue française informatisé (Trésor de la langue française, sous la direction de Paul Imbs/Bernard Quemada. Bd. 1–16. Paris 1972–1994). (atilf.fr)

Belegauswahl

VNd sollen alle vnd jede vnsere Bürgere vnd Bürgerinnen / die ausserhalbe der Stadt auff vnserm Rennelberge vnd Steinwege wonen / diese vnsere Ordnunge […]in allen Puncten vnd Articulen auch zu halten vorpflichtet vnd schüldig sein.

N. N.: Der Stadt Braunschweig Ordnung, ihre christliche Religion, auch allerhand Kriminal-, Straf- und Polizei-Sachen betreffend. Magdeburg 1579, S. 57. (deutschestextarchiv.de)

Von einem Buͤrger/ ſo ein ſcheußliche/ aber doch reiche Baͤwrin zum Weib nam.

Melander, Otto: Das ander theil dieses Schimpff vnd Ernsts. Lich 1605, S. 27. (deutschestextarchiv.de)

Vnd von dieſer Contribution oder Zulage iſt keiner der Landsſaſſen oder Lands Einwohner/ Er ſey hohes oder nidriges Standes/ Adel oder Vnadel/ Buͤrger oder Bawr/ Coſſate/ Muͤller/ Kruͤger/ Schaͤffer/ Schaͤfferknechte/ […] befreyet.

Micraelius, Johann: Fünfftes Buch Der Pommerschen Jahr-Geschichten. Stettin 1639, S. 264. (deutschestextarchiv.de)

Wol dem Land/ darin die Politici darnach trachten/ daß Kirche und Schulen befoͤrdert/ und Buͤrger und Bauren reich werden. Wo Buͤrger und Bauren reich ſind/ […]wo man ſie nit gar zu ſehr mit Contribution außſaugt/ ſondern ihnen Mittel an die Hand gibt/ daß ſie einen Stuͤber erwerben koͤnnen/ wie die Hollaͤnder thun/ da iſt der Herꝛ oder Regent auch reich.

Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. von Anton Meno Schupp. Hanau 1663, S. 39. (deutschestextarchiv.de)

es ist gar nicht nöhtig/ daß man durch solche Niederlags-privilegia Ketzer in ein Landt ziehe/ ihnen den schädlichen propolat in die Händt spiele/ und die Jnländische Bürger verderbe/ unter dem praetext, wann mans nicht thäte/ so würde kein frembder Kauffmann ins Landt kommen/ und man keine frembde Wahren zu kauffen können bekommen.

Becher, Johann Joachim: Politischer Discurs Von den eigentlichen Vrsachen/ deß Auf- und Abnehmens/ der Städt/ Länder/ und Republicken. Frankfurt a. M. 1668, S. 185. (deutschestextarchiv.de)

Und was man auch forthin vom Kloſter Leben ſage/
Jch rede hier als Menſch und Buͤrger dieſer Welt/
Das Kloſter und ſein Joch iſt nur der Jugend Plage/
Jn deſſen Einſamkeit der Krantz der Luſt zerfaͤllt.

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Deutsche Übersetzungen und Gedichte. Breslau 1679, S. 32. (deutschestextarchiv.de)

[…]Denn in engerm Verſtande nennen etliche nur die jenigen Buͤrger/ durch deren Zuſammentretung und Conſens eine Republique erſtmahls entſtanden/ oder die/ ſo an dererſelben Stelle kommen/ nemlich die Hauß-Vaͤter und Haͤupter derer Familien. Dieſe ſind nun theils urſpruͤngliche/ die ſtracks im Anfange und bey der Stifftung einer Republique zugegen geweſen/ oder hernach von dieſen gebohren worden/ dahero man dieſe auch Buͤrgers- oder Landes-Kinder zu nennen pfleget; theils Einſetzlinge/ welche nach der Zeit der auffgerichteten Republique von auſſen hinein kommen/ und ihr Gluͤcke darinne feſte ſetzen. Denn die jenigen/ ſo ſich nur eine Zeitlang in einem Lande auffhalten/ ſind deßwegen eigentlich keine Buͤrger/ ſondern Fremdlinge/ oder fremde Einwohner.

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Stats-Lehre. Leipzig 1691, S. 469. (deutschestextarchiv.de)


Ein Buͤrger dieſer Welt lern auch die Welt erkennen/
Damit er iedes Land kan ſeine Heymat nennen.

Abschatz, Hans Assmann von: Poetische Ubersetzungen und Gedichte. Leipzig 1704, S. 105. (deutschestextarchiv.de)

Er haͤlt woͤchentliche Erbauungsſtunden, und merkt ſich in denſelben die reichſten Weibesperſonen; denn dieſe beſuchen ſeine Verſammlungen am haͤufigſten. […] Dieſe einfaͤltige Buͤrgerfrauen verlieben ſich bey dieſer Gelegenheit in ſeine andaͤchtige Mine.

Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Ein Lustspiel in drey Handlungen. Frankfurt a. M./Leipzig 1743, S. 36. (deutschestextarchiv.de)

Alle Staatsbuͤrger vom Fuͤrſten bis zum geringſten Glied des Staates haben ein Gewerb; […]da nun ein jedes Gewerb, oder Beſtreben nach Dingen, die wir zu beſizen wuͤnſchen, einen Mangel vorausſezt, ſo muß ein jeder Menſch einen Mangel haben, den er zu heben bemuͤht iſt.

Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Zum Gebrauche der Vorlesungen auf der Kurpfälzischen Kameral Hohenschule zu Lautern. Lautern 1779, S. 3. (deutschestextarchiv.de)

Allein damals trotzte die Gesellschaft auf ihre gute Sache: „Den Tag und die Stunde,“ lieſs man dem Committé zur Antwort sagen, „wird öffentliche Sitzung gehalten; alle ruhige Bürger, alle Freunde des Vaterlandes dürfen zugegen seyn und die Berathschlagungen mit anhören, die nur das allgemeine Wohl zum Ziele haben.“

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich, im April, Mai und Junius 1790. Zweiter Theil. Berlin 1791, S. 133. (deutschestextarchiv.de)

Zeugen: Ja, wir bezeugen, daß der Buͤrger N. und die Buͤrgerin N. unbeſcholtne Republikaner, und von allen andern Verbindungen frey ſind, welche ihre Ehe hindern koͤnnten.

[…]Praͤſid.: Hoͤret nun an die Geſetze, deren Befolgung die Nation von jedem Buͤrger und jeder Buͤrgerin fodert, welche ſich ehelich verbinden wollen.

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale, von ihm selbst beschrieben. Vierten Theils erste Abtheilung, welche die Fortsetzung von dessen Begebenheiten, Erfahrungen und Bemerkungen während des Feldzugs gegen Frankreich enthält. Leipzig 1797, S. 137. (deutschestextarchiv.de)

Daß aber das Weib nach seinen [Platos] Begriffen unter dem Manne stehen mußte, das lag in seinen Begriffen von Tugend und Vollkommenheit. Er war zu sehr Athenienser und Politiker, als daß er […]bey seinen Räsonnements über moralische Würde, die Verhältnisse des Bürgers zum Staate hätte vergessen sollen. Selbst da, wo er das Abstrakt einer kosmopolitischen Vortrefflichkeit entwirft, schwebt ihm das Bild des atheniensischen Bürgers immer vor Augen, und natürlich mußte das Weib, das nicht Staatsbürgerin, und es seiner ganzen Erziehung und Lage nach nicht seyn konnte, in seiner Achtung verlieren.

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig 1798, S. 123. (deutschestextarchiv.de)

Nie hab’ ich eingewilligt, ſie zu halten.
Ich bin nicht dieſes Reiches Buͤrgerin,
Bin eine freie Koͤnigin des Auslands.

Schiller, Friedrich: Maria Stuart, ein Trauerspiel. Tübingen/Weimar 1801, S. 44. (deutschestextarchiv.de)

Den „guten Bürgern“ kann es gleich gelten, wer ſie und ihre Principien ſchützt, ob ein abſoluter oder conſtitutioneller König, eine Republik u. ſ. w., wenn ſie nur geſchützt werden. […] — Ein gleiches Verhältniß findet zwiſchen Bürgerthum und Arbeiterthum ſtatt. Bürger und Arbeiter glauben an die „Wahrheit“ des Geldes; ſie, die es nicht beſitzen,

Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig 1845, S. 150. (deutschestextarchiv.de)

Die letzte Stütze des Alten fiel in Berlin; der Bürger, der Arbeiter, der Knecht, sie stellten ihre nackte Brust den Kartätschen entgegen und die Fahnen Friedrichs des Großen neigten sich vor der deutschen Tricolore.

Die Grenzboten 7/2 (1848), S. 254. (deutschestextarchiv.de)

Das Wort Bürger darf aber hier nicht mehr in einem politischen Sinne genommen werden; in diesem Sinne sind auch die Arbeiter Bürger, Bürger der einen und untheilbaren brüderlichen Republik.

Mainzer Journal, 4. 7. 1848, Nr. 19. (deutschestextarchiv.de)

In den letztverwichenen Tagen schweren Kampfes haben Einwohner […]aus den verschiedensten Klassen mit der preiswürdigsten Hingebung und Ausdauer für unsere Stadt gestritten, ohne das eigene Leben zu schonen. […]Wir haben eine Pflicht der Dankbarkeit gegen alle Kämpfer zu erfüllen, welchen das Geschick vergönnt hat, sich der glorreichen Gegenwart zu erfreuen.… Allen, welche mitgekämpft haben für unsere Stadt, für das allgemeine Wohl, seien sie Studirende, Bürger, Künstler, Arbeiter oder welchen anderen Standes, unsere wärmsten und tiefempfundenen Dank.

Neue Rheinische Zeitung, 16. 3. 1849, Nr. 247, S. 1377. (deutschestextarchiv.de)

Citoyen, Citoyenne (frz. Sitojäng, Sitojänn), Staatsbürger, Staatsbürgerin, während der republikanischen Perioden in Frankreich der vorgeschriebene Titel.

Herders Conversations-Lexikon. 2. Bd. Freiburg im Breisgau 1854, S. 129. (deutschestextarchiv.de)

Da der Angeklagte ein Reichsdeutscher ist, ward er den soliden Wiener Bürgern auf der Geschwornenbank als ein Fremdling geschildert, der alles Große in Oesterreich […]– Skodas und Rokitanskys Manen wurden citiert – in den Koth zerre.

Die Fackel 1900, S. 19. [DWDS]

»Wahrlich, Mr. Baschmakoff, jeden Tag, wenn ich von der Unterdrückung der armen Finnen lese, bin ich dankbar, dass ich auswanderte und eine freie amerikanische Bürgerin geworden bin.«

Heyking, Elisabeth von: Briefe, die ihn nicht erreichten. In: Deutsche Literatur von Frauen. Berlin 2001 [1903], S. 32347. [DWDS]

Die politisch mündigen Bürger eines Gemeinwesens, in welchem daß öffentliche Leben kräftig sich regt, können sich jedoch nicht damit begnügen, einer Körperschaft die Gesetzgebung zu übertragen, ohne sich die Mittel der Aufsicht, der Prüfung und der Berichtigung zu sichern.

Kautsky, Karl/Bruno Schönlank: Grundsätze und Forderungen der Sozialdemokratie. Erläuterungen zum Erfurter Programm. Berlin 1907, S. 34. (deutschestextarchiv.de)

Ein braver Bürger, der hier ansässig ist und hier lebt, ist ohne Zweifel der geeignetere Mann zum Abgeordneten.

Meysenbug, Malwida von: Unerfüllt. In: Deutsche Literatur von Frauen. Berlin 2001 [1907], S. 50158. [DWDS]

Darf die Frau als minderwertig vom politischen Recht ausgeschlossen bleiben? […] Sind die Leistungen der Mutter vom Standpunkt des Gesellschaftsinteresses so nebensächlich und minderwertig, daß man die Frau nicht als vollberechtigte Bürgerin anerkennen kann, so nehme man den schwachen und ungeeigneten Händen die wichtige Aufgabe der Kindererziehung ab. Sind diese Leistungen dagegen so schätzenswert, […]wie die Dichter gelegentlich singen, dann vorenthalte man der Mutter, der Erzieherin der künftigen Bürger, nicht länger ihre volle Gleichberechtigung.

Wulff, Frida: Darf die Frau als minderwertig vom politischen Recht ausgeschlossen bleiben? In: Frauenwahlrecht! Stuttgart 1911, S. 9. (deutschestextarchiv.de)

Die Bürger lagen im Seesand am Meer oder krabbelten auf den Bergen umher, der Arbeiter schuftete oder begoß seine Laubenkolonie, die Börse machte in gewohnter Ruhe ihre Geschäfte – alles war still.

Tucholsky, Kurt: Rausch, Suff und Katzenjammer. In: Kurt Tucholsky: Werke – Briefe – Materialien. Berlin 2000 [1920], S. 2007. [DWDS]

Die behaglichen Leute von früher, zumal in Wien die gemütlichen »Bürger von Grund«, wurstelten dagegen solide weiter in ihren kleinen »G‘schäfteln« und »G‘wölbeln« – wenn’s nur zu einem Sonntagsausflug mit »Backhendl« in den Wiener Wald reichte.

Wohlmuth, Alois: Ein Schauspielerleben. Ungeschminkte Selbstschilderungen von Alois Wohlmuth. In: Oliver Simons (Hrsg.): Deutsche Autobiographien 1690–1930. Berlin 2004 [1928], S. 75457. [DWDS]

Der Einwand, bei solchen Erwägungen, die eigentümlich zwangshaft zustandekommen, handle es sich um Krämerinstinkte, ums Messen mit der Elle, hat meist nur den Sinn, daß solide Bürger, denen die Kunst nie irrational genug sein kann, von den Werken die Besinnung und den Anspruch der Wahrheit fernhalten wollen.

Adorno, Theodor W.: Minima Moralia. Frankfurt a. M. 1971 [1951], S. 92. [DWDS]

In den BMHW, Schöneweide, betonte der Arbeiter Rudi Markwart: „Endlich hört es damit auf, daß gewissenlose Eltern ihre Kinder im Stich lassen, daß die Mitarbeiter von Agentenzentralen unsere Bürger erpressen und sie zu Verbrechern machen, daß Arbeiter ihren Kollegen als Grenzgänger in den Rücken fallen.“

BZ am Abend, 14. 8. 1961, S. 1. [DWDS]

Es ist eines sozialistischen Soldaten, eines Bürgers unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates einfach unwürdig, anderen das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Dänhardt, Reimar: Fein oder nicht fein. Berlin 1972 [1968], S. 130. [DWDS]

Das unbehobene soziale Problem ist heute in den Industriestaaten das Elend, die »Marginalisierung« einer Minderheit von Arbeitslosen und Ausländern, das auch die wahre Quelle der vom saturierten Bürger so gefürchteten wachsenden Kriminalität ist.

Weizsäcker, Carl Friedrich von: Bewußtseinswandel. München 1988, S. 139. [DWDS]

Die Bürger – reich an Wissen, politisch interessiert und motiviert wie in keinem Land der Welt – verstehen sich zu Recht als mündige Bürger.

Der Tagesspiegel, 27. 10. 1997. [DWDS]

Vom wilden Bohemien zum saturierten Bürger.

Berliner Zeitung, 26. 5. 2001. [DWDS]

Wir sind doch mündige Bürger und wählen gut überlegt die Partei und den Kandidaten, die uns mit ihren Inhalten überzeugen!

Die Zeit, 19. 9. 2017 (online). [DWDS] (zeit.de)