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Crème de la Crème

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Ab den 1840er Jahren tritt die Verbindung Crème de la Crème Elite als Steigerungsform neben das einfache CrèmeWGd. Die Verbindung hat kein direktes Vorbild in einem französischen Mehrwortausdruck und kann daher als Scheinentlehnung gelten. In den 1990er Jahren findet eine Bedeutungserweiterung statt, in deren Ergebnis die Verbindung nicht nur auf Personen, sondern auch auf Unbelebtes angewandt werden kann.

Wortgeschichte

Crème de la Crème als Steigerungsform

Neben das seit ca. 1830 bezeugte CrèmeWGd Elite tritt in den 1840er Jahren die Verbindung Crème de la Crème, die ebenfalls für die Elite, die Oberschicht einer Gesellschaft steht (zuerst 1841, vgl. 1879). Die Doppelform (wörtlich Sahne von der Sahne) bringt dabei eine Steigerung zum Ausdruck: Es handelt sich dann gewissermaßen um die Elite der Elite, die Besten der Besten. Crème de la Crème bezieht sich zwar auf die gesellschaftliche Oberschicht, rückt dabei aber, ähnlich wie das einfache CrèmeWGd, deren Eleganz, Reichtum und glamourösen Lebensstil in den Vordergrund (1958a, 1973, 1976). Insgesamt bleibt die Verbindung bis Ende ca. 1990 selten.

Bedeutungserweiterung: Das Beste von etwas

Die Verbindung hat insofern eine Bedeutungserweiterung erfahren, als sie nicht nur Hierarchieverhältnisse in der Gesamtgesellschaft bezeichnet, sondern auch auf einzelne Teilbereiche des gesellschaftlichen Lebens (vor allem auf Kunst und Sport) angewandt werden kann. So ist auch von der Crème de la Crème der Musikszene (1995), der Crème de la Crème des Welt-Eishockeys oder des deutschen Fußballs die Rede (1997, 2021). Gelegentlich kann auch Unbelebtes in dieser Weise bezeichnet werden; so kann von einer Auswahl künstlerisch wertvoller Bilder (bereits 1958b) die Rede sein oder auch vom Spargel als der Creme de la Creme der Speisekarte (1996).

Eine Scheinentlehnung?

Bei Crème de la Crème handelt es sich auf den ersten Blick um eine Übernahme aus dem Französischen. Bemerkenswert ist allerdings, dass das Französische offenbar keine gleichlautende Fügung kennt (vgl. den Eintrag des TLFi unter crème). Die Verbindung crème de la crèmefrz. ist dort zwar durchaus bildbar und entspricht einem geläufigen grammatischen Muster, das sich etwa in Konstruktionen wie le pire du pirefrz. das Schlimmste vom Schlimmsten oder le top du topfrz. das Beste vom Besten zeigt. Gleichwohl ist die Fügung alles andere als fest. Bei der im Deutschen vergleichsweise stark verbreiteten Verbindung handelt es sich somit in gewisser Weise um eine Scheinentlehnung: Sie sieht sehr französisch aus, ist aber im Französischen selbst nicht als Mehrwortausdruck etabliert.

Für das Englische kann die pseudofranzösische Konstruktion übrigens ebenfalls belegt werden (s. 3OED unter crème, n.); sie ist im Englischen des 19. Jahrhunderts wohl auch deutlich häufiger belegt als im Deutschen. Der im 3OED gebotene Erstbeleg, der auf 1841 datiert wird, nimmt Bezug auf österreichische Verhältnisse. Zusammen mit der früheren Bezeugung der Verbindung im Deutschen ab 1841 könnte man daraus die Hypothese ableiten, dass es sich hier um eine vom Deutschen als Gebersprache ausgehende Entlehnung ins Englische handelt. Da es im Englischen indes offenbar wesentlich breiter bezeugt ist, kann aber auch eine umgekehrte Entlehnungsrichtung nicht ausgeschlossen werden. In einem solchen Fall wäre die so französisch anmutende Wendung letztlich ein Anglizismus.

Literatur

3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)

TLFi Trésor de la langue française informatisé (Trésor de la langue française, sous la direction de Paul Imbs/Bernard Quemada. Bd. 1–16. Paris 1972–1994). (atilf.fr)

Belegauswahl

Wer die Verhältnisse kennt, in welchen in Oesterreich der niedere Adel zu dem höhern steht, wer die verschiedenen Abstufungen der Crème und der Crème de la Crème mit ihren Geheimnissen weiß, der wird leicht begreifen, warum der Adel zweiten Ranges so viele Mitglieder von whiggistischer Färbung zählt, indeß der hohe Adel keinen Schritt von seiner torystischen Grandezza zurückweicht.

Die Grenzboten 1 (1841), S. 119. (deutschestextarchiv.de)

Von mehreren Jahren tauchte während der Saison eine junge Pfarrerstochter aus Jersey hier auf, die durch ihre Schönheit allgemein auffiel. Natürlich auch jenem Kenner alles Schönen im Lande. Ein freundliches Wort von ihm machte sie zur regierenden Belle, und die Crème de la Crème riß sich förmlich um ihre Gesellschaft.

Aschaffenburger Zeitung. Beiblatt 46, 23. 9. 1879, Nr. 215, o. S. (books.google.de)

Als Anfang Juli der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dr. Paulssen, nebst Gemahlin Hertha die Nachkriegsprominenz – und was dafür gehalten wurde – im sommerlichen Anzug in das spätbarocke Schloß Brühl bei Köln zu Hofe bat, da saß an einem kleinen runden Tisch, der der Creme de la Creme vorbehalten war, neben Bundeskanzler und Bundespräsident ein Mann, gegen den ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft schwebte: der Mercedes-Generaldirektor Könecke.

Der Spiegel, 5. 11. 1958, S. 18 [IDS]

Als Sweeney die Bilder für die Europareise auswählte, konnte er aus dem vollen schöpfen. […]Er brauchte nicht auf Vollständigkeit zu achten, weil es sich sowieso nicht um eine systematische Darstellung der Malerei des 20. Jahrhunderts handelte; das einzige, was er zu tun hatte, war das Abschöpfen der „crème de la crème". Die 75 in Köln gezeigten Bilder sind nur eine kleine Auswahl der vorhandenen Bestände, aber sie machen mit Treffsicherheit die Stärken und Höhepunkte der Guggenheim-Sammlung bekannt.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. 1. 1958, S. 10.

Zur Creme de la Creme, die über 400 Gäste umfaßte, gehörten Ex-Kaiserin Soraya, Curd Jürgens, Roberto Blanco, Uschi Glas, Lieselotte Pulver, […]Joachim Fuchsberger, Franz Antel, Willy Bogner, Friedrich Karl Flick und Ernst Wilhelm Sachs, der Bruder von Gunter.

Die Zeit, 22. 6. 1973, Nr. 26. [DWDS] (zeit.de)

In Deutschland sind keineswegs nur die Exoten inklusive Aeroflot an den Schwarzmarktgeschäften beteiligt, sondern auch – freilich nicht in den Auswüchsen – die Crème de la Crème.

Die Zeit, 19. 3. 1976, Nr. 13. [DWDS] (zeit.de)

Im musikalischen Schmelztiegel von New Orleans, bis heute Zentrum des amerikanischen Blues, entstanden die zehn Songs mit der Creme de la Creme der dortigen Musikszene.

Berliner Zeitung, 25. 10. 1995. [DWDS]

Die alten Ägypter, Assyrer, Babylonier, Perser, Chinesen, aber auch griechische Dichter und Philosophen wie Plato und Aristophanes genossen ihn schon vor Jahrtausenden. Und wie könnten sie alle irren, wenn doch das majestätische Leibgericht immer noch zur Creme de la Creme jeder Speisekarte zählt: Spargel! Doch ist das Edelgemüse nicht nur auf dem Teller ein Spitzengenuß – Spargel leistet auch für Gesundheit und Wohlbefinden erstaunliches.

Neue Kronen-Zeitung, 25. 5. 1996, S. 12. [IDS]

Die deutsche Nationalmannschaft darf sich beim olympischen Turnier 1998 in Nagano mit der Creme de la Creme des Welt-Eishockeys messen.

Berliner Zeitung, 10. 2. 1997. [DWDS]

Fan-Anleihen kamen erstmals Anfang der 2000er Jahre auf den Markt. Schaut man darauf, wer diese seitdem begeben hat, erkennt man schnell: Es ist nicht die Crème de la Crème der Beletage des deutschen Fußballs. Arminia Bielefeld, Alemannia Aachen, […]Schalke 04, der 1. FC Köln, Hertha BSC, der Hamburger SV, Duisburg, Kaiserslautern, der Karlsruher SC oder Hansa Rostock sind nicht Bayern München oder Borussia Dortmund.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. 2. 2021, S. 25.