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Korporation Korporatismus · Korporativismus

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts begegnet das auf mittellateinisch corporatio zurückgehende Wort Korporation zur Bezeichnung beruflicher Verbünde. Es tritt damit neben die bereits seit dem Spätmittelalter bzw. der Frühen Neuzeit gebräuchlichen Bezeichnungen Zunft und Gilde. In der Bedeutung berufliche Vereinigung ist das Wort allgemeinsprachlich gegenwärtig kaum noch relevant. Korporation besteht allerdings sowohl für die Bezeichnung studentischer Verbindungen als auch schweizerischer Nutzungsgenossenschaften, und damit in ganz unterschiedlichen sprachlichen Varietäten, weiter fort.

Wortgeschichte

Berufsverbände und moderner Körperschaftsgedanke

Das Wort Korporation gelangt ausgehend von englisch corporation und durch Vermittlung des Französischen im 18. Jahrhundert ins Deutsche (Rey-Debove/Gagnon 1988, 190; Pfeifer unter KorpsDWDS). Dem englischen Wort liegt mittellateinisch corporatio zugrunde, welches im angelsächsischen Sprachraum in der Bedeutung eine Anzahl von Personen, die eine Einheit darstellen gebraucht wurde (vgl. 3OED unter corporation). Die enge Bindung an die Gebersprache ist in den ersten Belegen, bei denen es sich um Übersetzungen handelt, noch besonders deutlich (1779a und 1779b1)). Erst einige Jahrzehnte später etabliert sich für den Bereich des Handels die Bedeutung Vereinigung, die alle Mitglieder eines Berufsstandes zusammenfasst und ihre Interessen verteidigt, womit Korporation allmählich in die Nähe unseres heutigen Verständnisses von KörperschaftWGd rückt (1798, 1851, 1913). Mit Korporation kann daneben auch auf kirchliche Besitzungen Bezug genommen werden, womit ein eher räumlicher Bedeutungsaspekt zum Tragen kommt (1834). Letztendlich weist das Wort und der mit ihm verbundene Organisationsgedanke in einem recht allgemeinen Sinne darauf hin, dass sich selbst verwaltende Gemeinschaften oder autonome Gebilde dieselben Rechte und Rechtsverpflichtungen wie ein Individuum genießen; dies gilt in jüngerer Zeit auch für wissenschaftliche Einrichtungen als öffentlich-rechtliche Institutionen (1968).

Der korporative Gedanke findet bereits im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit in sozialen Gebilden wie Zünften und Gilden Anwendung (vgl. Hardtwig 1997, 11), diese waren sozusagen Körperschaften avant la lettre. Von der Frühen Neuzeit an lassen sich allerdings auch viele Beispiele für Verbände finden, die sowohl Merkmale der idealtypischen traditionellen Korporation als auch der modernen Assoziation, d. h. Zusammenschlüsse, die überwiegend von einer freiwilligen Zugehörigkeit geprägt sind, tragen (vgl. Hardtwig 1997, 55–69). Die Form des gesellschaftlichen Zusammenschlusses, die Ende des 18. Jahrhunderts unter der neuen Bezeichnung Korporation auftritt, knüpft also gleichwohl an ältere Vorstellungen an. Mit den ersten belegten Nennungen des Wortes wird als entscheidendes Kriterium die Geschlossenheit der Personengemeinschaft deutlich, welche in der Regel von staatlicher Seite genehmigt und anerkannt werden muss (1810, 1821). Im 20. Jahrhundert ist das Wort in der Bedeutung Körperschaft kaum noch verbreitet. Ausnahmen bilden Bezugnahmen auf den italienischen Korporatismus (1940) bzw. auf geschichtliche Ereignisse (1987).

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Korporatismus verstanden als wirtschaftlich-politisches System der Interessenvermittlung und -beteiligung kann sowohl autoritäre als auch liberale Varianten annehmen. Mit diesem Wort wird jünger noch auf eine ständestaatliche Ordnung verwiesen (1948, 1980c). Synonym dazu begegnet Korporativismus, welches allerdings oftmals genauer als politisches Bestreben, den Staat durch Schaffung von berufsständischen Verbänden zu erneuern (vgl. HWPh 4,1138 unter Korporation) verstanden wird und meist mit ideologischer Färbung im Kontext des italienischen Faschismus, genauer den Auswirkungen der Carta del Lavaro anzutreffen ist (1957). Bis in die Gegenwart bleibt beiden Wörtern, beeinflusst durch die Relevanz korporatistischer Modelle in autoritären und diktatorischen Regierungssystemen, offensichtlich ein pejorativer Nebensinn eigen (1980b, 2000). Korporatistische Strukturen können in verschiedenen ökonomischen Sektoren oder einzelnen Politikfeldern ausgemacht werden (1980a, 1997 vgl. HWPh 4,1137 unter Korporation).

In der Gegenwart begegnet Korporation noch im Sinne von Verband, insbesondere regional hinsichtlich der Organisation von Fastnachts- bzw. Karnevalsveranstaltungen (1993). Neben Korporationen sind Karnevalsgesellschaften auch als VereinWGd organisiert (1950, 2021), regional spezifisch sind ferner Korps und Garde.

Studentische Verbindungen

Neue Formen der Geselligkeit lassen sich auch an der Ausdifferenzierung studentischer Zusammenschlüsse im 19. Jahrhundert ablesen. Vorgänger studentischer Korporationen waren zunächst landsmannschaftliche Vereinigungen, die einer gildenhaften Gemeinschaftsordnung entsprachen (vgl. EdN unter Korporation).

Landsmannschaften nicht-studentischer Art und Studentenorden spalteten sich ab dem 18. Jh. voneinander ab (vgl. HWPh 4, 1137). Es ist davon auszugehen, dass ab etwa 1870 sowohl unter Verbindung als auch unter Korporation ein nach außen geschlossener studentischer Zusammenschluss mit bestimmten verbindungstypischen Grundregeln (etwa dem Convents- und Lebensbundprinzip) verstanden wurde (vgl. Lönnecker 2013, 21); ein Beleg vom Ende des 19. Jahrhunderts in Pfisters Verdeutschungs-Wörterbuch gibt für Korporation als studentischen Ausdruck die Entsprechung Verbindung an (1893).

Der Allgemeine deutsche Sprachverein nennt 30 Jahre später für das studentische Fremdwort Korporation die Entsprechungen Verbindung, Bund und KörperschaftWGd (1922). Dem ist möglicherweise zu entnehmen, dass Studentenkorporationen als Sammelkategorie für unterschiedliche Verbindungsformen zu verstehen sind; entsprechend tritt Korporation meist synonym oder als Oberbegriff zu verschiedenen Arten der (konfessionell ausgerichteten) Studentenverbindung (1905, 2012b) d. h. zu Corps (1927) und zu Burschenschaft (1975) auf.

Korporationsgemeinden und Nutzungsgenossenschaften

Seit dem Mittelalter nutzen Personenverbände gemeinsam Wälder, Weiden, Alpen, Gewässer und Wege. In der Schweiz werden diese körperschaftlichen Strukturen seit Mitte des 19. Jahrhunderts als Korporation bezeichnet (1861)2). Auch hier verselbstständigt sich der korporative Gedanke, der teilweise aus den Zünften hervorgegangen ist. Bürgergemeinden, welche die aus der Nutzung kollektiver Ländereien fließenden Rechte und Pflichten bis heute beanspruchen, haben nicht nur Korporationscharakter angenommen, sondern sind zudem unter dieser Bezeichnung anzutreffen (1886, 1933). Heutzutage existieren noch zahlreiche nicht an ein Gemeindegebiet gebundene Korporationen, die in den meisten Kantonen als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Eigentumsgarantie und weitgehender Autonomie verstanden werden (2012a).

Anmerkungen

1) Letzteres möglicherweise Übersetzung einer englischen Vorlage History of Japan.

2) Die Mitglieder dieser Verbände versuchen, ihre Güter einem engen Kreis der ansässigen Bevölkerung vorzubehalten. Neben den Einwohnergemeinden entstehen deshalb vielerorts Bürgergemeinden, welche einen Teil des Bürgergutes vor allem für Fürsorgezwecke verwalten (vgl. HLS unter Korporation).

Literatur

EdN Enzyklopädie der Neuzeit online. Im Auftrag des Kulturwissenschaftlichen Instituts (Essen) und in Verbindung mit den Fachherausgebern hrsg. von Friedrich Jaeger. Leiden 2019. [basierend auf der Druckausg. im J. B. Metzler Verlag Stuttgart, 2005–2012]. (brillonline.com)

Hardtwig 1997 Hardtwig, Wolfgang: Genossenschaft, Sekte, Verein in Deutschland. Bd. 1: Vom Spätmittelalter bis zur Französischen Revolution. München 1997.

HLS Historisches Lexikon der Schweiz. Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. (hls-dhs-dss.ch)

HWPh Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hrsg. von Joachim Ritter, Karlfried Gründer, Gottfried Gabriel. Völlig neubearb. Ausg. des „Wörterbuchs der philosophischen Begriffe“ von Rudolf Eisler. Bd. 1–13. Basel 1971–2007.

Lönnecker 2013 Lönnecker, Harald: „… der deutschen Studentenschaft und unserem Rechtsleben manchen Anstoß geben“. Zwischen Verein und Verbindung, Selbsthilfeorganisation und Studienvereinigung; juristische Zusammenschlüsse an deutschen Hochschulen ca. 1870–1918. Zugl.: Rostock, Univ., Diss., 2013. Aachen 2013.

3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)

Pfeifer Pfeifer, Wolfgang u. a.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. (dwds.de)

Rey-Debove/Gagnon 1988 Rey-Debove, Josette/Gagnon, Gilberte: Dictionnaire des anglicismes. Les mots anglais et américains en français. Paris 1988.

Belegauswahl

In der Waſſergaſſe, die von der Towerſtraſſe nach dem Zollhauſe führet, liegt die Halle, oder der Verſammlungsort der alten Korporation der Seeleute, den man Trinity=Houſe nennt […], welches Hauß unter der Regierung Heinrichs VII. entworfen und geſtiftet ward, vom Ritter Thomas Spert, Controlleur der Flotte, der im J. 1541 ſtarb

Entick, John; Bamberger, Johann Peter (Hrsg.). Der gegenwärtige Zustand des Brittischen Reichs. Berlin 1779, S. 167. (digitale-sammlungen.de)

Dieſer Naitſjuſi ſind uͤberhaupt uͤber hundert, welche unter dem Befehl der Oberdolmetſcher und beſonders des Ninban ſtehn. Sie ſind, ſo wie alle andre Bediente, engere Corporationen und Zuͤnfte dieſes Reichs, in verſchiedne Klaſſen und Rangordnungen abgetheilt

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Aus den Originalhandschriften des Verfassers herausgegeben. Zweiter und lezter Band. Hrsg. von Christian Wilhelm von Dohm. Lemgo 1779, S. 93. (deutschestextarchiv.de)

Dadurch ſind gewiſſe Ordnungen in den berittenen Soldatenſtand eingeführt, der sich bald wie eine jede andere Zunft organiſiert, und sich in Lehrlinge, (Knappen) und Meiſter, (Ritter) als Stufen, getheilt hat. Endlich ſind gewiſſe beſondere Korporationen unter dieſer organiſierten Zunft gebildet worden, welche ſich durch beſondere Pflichten und Gebräuche auszuzeichnen geſucht haben; und von den Regenten bald mehr bald weniger begünſtigt ſind.

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig 1798, S. 154. (deutschestextarchiv.de)

Gelehrte Geſellſchaften, ſobald ſie vom Gouvernement beſtaͤtigt, einen Koͤrper ausmachen, befinden ſich in Abſicht der reinen Wahrheit in einer mißlichen Lage. Sie haben einen Rang und koͤnnen ihn mittheilen; ſie haben Rechte und koͤnnen ſie uͤbertragen; ſie ſtehen gegen ihre Glieder, ſie ſtehen gegen gleiche Corporationen, gegen die uͤbrigen Staatszweige, gegen die Nation, gegen die Welt in einer gewiſſen Beziehung.

Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Zweyter Band. Tübingen 1810, S. 508. (deutschestextarchiv.de)

Einer Staatsregierung untergeordnete Individuen und Corporationen, z. B. Städte, und selbst Land- oder Reichsstände, können mit auswärtigen Staaten nur Privatverträge schliessen, unter Aufsicht ihres Staates e).

Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Erster Band. Stuttgart 1821, S. 226. (deutschestextarchiv.de)

Seit dem zwölften Jahrhundert waren diese Mönche [Cistercienser-Mönche von Chiaravalle und Vicoboldone, N. M.] auch Besitzer des ganzen Wassers der Vettabbia, womit sie die Wiesen, die dem Stifte gehörten, bewässerten. […]

Welche bedeutenden Fortschritte die Bewässerungskunst nach dem Beispiele der geistlichen Korporazionen fortwährend machte, ersehen wir aus den vielen Akten der Archive, vom Jahre 1300 beiläufig anzufangen, da man in denselben bereits der chiuse (Schützen), incastri (Schützensäulen), bocchelli, soratoi (Oeffnungen in den Kanälen) und anderer ähnlicher Vorrichtungen erwähnt findet, die zur ordentlichen Vertheilung und Regulirung der Wässer auf den Wiesen dienten.

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Dritter Band: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen, vorzüglich jener, welche bey dem Bau-, Berg- und Hüttenwesen vorkommen. Wien: Sollinger 1834, S. 204. (deutschestextarchiv.de)

Auf Kaufleute allein könne der Begriff des Verbrechens ſchon deshalb nicht beſchränkt werden, weil nach den für die größeren Handelsſtädte erlaſſenen Statuten der kaufmänniſchen Korporationen nur diejenigen Handeltreibenden als Kaufleute zu betrachten ſeien, welche Mitglieder dieſer Korporationen geworden, obgleich es außer ihnen in allen dieſen Städten noch Handeltreibende gäbe, auf welche das Strafgeſetz gleichfalls Anwendung finden müſſe.

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig 1851, S. 487. (deutschestextarchiv.de)

Solch einen verſteckten Wäldertompler haben die Bauern von Cremaglia ſoeben verkauft und freuen ſich des Geſchäftes. Denn ſie ſelbſt als Korporation hätten all ihr Lebtag das Holz aus den verborgenen Winkeln nicht hervorgeholt; dazu gehört ein feſter ſpekulativer Wille, dazu ſind koſtſpielige Vorkehrungen, Ausbeutungsbauten und disponible Kapitalien nöthig; — und an alle dem fehlts dem Sign. Gianella nicht.

Berlepsch, Hermann Alexander von: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig 1861, S. 400. (deutschestextarchiv.de)

Es ſtehen von Behörden und Korporationen ca. 1300 Fr. in Ausſicht; die Koſten ſind in Folge der Fachexperten in den im ganzen Kanton zerſtreuten Werkſtätten ſehr erheblich. […]Der Lehrling muß eine Fortbildungsſchule beſucht haben und zwei Tage in der Werkſtätte eines Fachexperten arbeiten, um ſeine Handfertigkeit zu bekunden. Das Fahrgeld wird vergütet. Der Verein trägt auch an die Herſtellungskoſten ſchwieriger Probeſtücke bei.

N. N.: Nr. 24, 24. 03. 1886. In: St. Galler Volksblatt. Uznach 1886, S. 2. (deutschestextarchiv.de)

Korporation = Verbindung, Körperschaft, korporativ = körperschaftlich, in corpore = insgesammt, körperschaftlich.

Pfister, Otto: Studentisches Verdeutschungs-Wörterbuch für alle Hochschulen und Richtungen. Leipzig 1893. S. 29. (ub.uni-leipzig.de)

Wer mit uns die katholischen, den Ultramontanismus in die Jugend verschleppenden Studentenverbindungen so wenig gern sieht, wie den Wingolf , den Vertreter protestantischer Orthodoxie, der darf nicht durch Intoleranz die ebenso bedauerlichen „jüdischen Verbindungen“ hervorrufen, der muß das hochmütige, auf den ärmeren Studenten verächtlich herabsehende Fatzkenwesen " gewisser Korporationen ebenso scharf verurteilen, der muß dem sozialen und toleranten Geiste der Neuzeit allüberall Rechnung tragen, sonst verfällt er selbst dem Vorwurfe intoleranter Einseitigkeit, denn die Toleranz läßt sich nicht halbieren.

Berliner Tageblatt (Abend-Ausgabe), 1. 3. 1905, S. 1. [DWDS]

In der Schweiz sowohl als in Österreich folgte der Begründung des Kreisvereins alsbalb die Begründung von Ortsvereinen der herrschenden Buchhandelsplätze: der Korporation der Buch- und Kunsthändler in Wien 1861, des Gremiums der Buch-, Kunst-, Musikalien-, Antiquarhandlungen sowie Leihbibliothekenbesitzer in Prag 1861, des Buchhändlervereins in Zürich 1865.

Goldfriedrich, Johann: Geschichte des Deutschen Buchhandels vom Beginn der Fremdherrschaft bis zur Reform des Börsenvereins im neuen Deutschen Reiche. In: Lehmstedt, Mark (Hg.) Geschichte des deutschen Buchwesens, Berlin: Directmedia Publ. 2000 [zuerst 1913], S. 4747. [DWDS]

Korporation: Verbindung, Bund, Körperschaft

N. N.: Verdeutschungen fremdsprachiger studentischer Ausdrücke: Vorschläge u. Anregungen. Hrsg. unter student. Mitw. v. Allg. Deutschen Sprachverein. Berlin 1922. S. 6.

Ich nahm auf einer Estrade zwischen den Professoren Platz und wir beobachteten den Einzug der Studentenschaft. Diese ist in Korporationen organisiert, deren Namen meist aus zwei oder drei griechischen Buchstaben gebildet werden und die in ihrer Verfassung den deutschen Corps ähnlich sind, was den engen Zusammenhalt der Mitglieder anlangt, der weit über die Universitätsjahre hinausreicht. […]Von diesen unterscheiden sie sich vorteilhaft durch die Ablehnung des Trinkens und der Mensuren, an deren Stelle andere Gebräuche treten, die teilweise von den Ureinwohnern des Landes, den Indianern übernommen scheinen, so grausam sind sie.

Ostwald, Wilhelm: Lebenslinien. Eine Selbstbiographie, 3 Teile. In: Simons, Oliver (Hg.), Deutsche Autobiographien 1690–1930, Berlin: Directmedia Publ. 2004 [zuerst 1927], S. 50556. [DWDS]

In der letzten Session der schweizerischen Bundesversammlung hatte Bundespräsident Schultheß erklärt, daß Korporationen im Rahmen der jetzigen Bundesverfassung kaum realisierbar seien und daß der Zwang, zu dem sie führen würden, und die Vielregiererei, die sie im Gefolge hätten, kaum die Zustimmung des Volkes finden würden.

N. N.: Wirtschaft, Korporationen. In: Archiv der Gegenwart, 2001 [zuerst 1933], S. 1136. [DWDS]

Die bedeutsame Tagung der Korporation der Eisen- und Metallindustrie wurde am Mittwoch wiederum unter dem Vorsitz des Duce mit einer zweiten Sitzung fortgesetzt.

N. N.: Italiens Produktionsprogramm der internationalen Lage angepaßt. In: Völkischer Beobachter (Berliner Ausgabe), 15. 3. 1940, S. 2. [DWDS]

Wir müssen uns hier wie sonst mit Andeutung einiger Gesichtspunkte begnügen. Die Jahrhunderte überragende Größe von Dantes Persönlichkeit fügt sich dem Korporatismus des Mittelalters ein – freilich nur bis zu einer Grenze, die wir bezeichnen werden. […]Eine geweihte Korporation (la bella scuola) bilden die antiken Dichter des Limbo am Anfang der Commedia.

Curtius, Ernst Robert: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Tübingen: Francke 1993 [zuerst 1948], S. 371. [DWDS]

Die Reichsbahndirektion Frankfurt macht» am Samstag die Oeffentlichkeit mit ihrei neuesten Verkehrseinrichtung, dem Tanzsonderzug, bekannt. Vornehmlich Betriebsgemeinschaften, aber auch Vereinen und anderen Korporationen soll hier Gelegenheit geboten werden, ihre Ausflüge gleich mit Beginn der Bahnfahrt eine fröhliche Note zu geben, und die Stimmung des Tages bei der Rückfahrt festlich ausklingen zu lassen.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27. 2. 1950, S. 10e.

Die ursprüngliche, radikale Einstellung, die aus dem alten Syndikalismus herstammte und die erwartete, daß die Gewerkschaft die Betriebsleitung übernehmen würde, war in typisch faschistischer Art durch den Gedanken ersetzt worden, daß die Korporationen, die aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern bestanden, die Leitung und Kontrolle des Staates akzeptieren würden. Der dem italienischen Korporativismus zugrunde liegende Gedanke hatte gewisse Beziehungen zu dem früheren konservativ-katholischen Denken. Aber während die päpstliche Enzyklika Rerum Novarum… (1891) eine Korporativstruktur mittelalterlicher Prägung empfohlen hatte, war die faschistische Anschauung durchaus hierarchisch und beruhte auf dem Gedanken, daß alle Autorität von dem Führer des Korporativstaates, dem Minister für Korporationen, Benito Mussolini, ausgehen solle, d. h. also, daß alle bisher freien Korporationen und Vereinigungen im Sinne des Gleichschaltungsgedankens faschistisch wurden.

Friedrich, Carl Joachim: Totalitäre Diktatur, Stuttgart: Kohlhammer 1957, S. 201. [DWDS]

Staat und Verwaltung näherten sich dem Gedanken, für die Universitäten ein solches Rätesystem zuzulassen. Man beginne vor quantitativen Repräsentationsforderungen zu kapitulieren, als ob die Reform der Universitäten davon abhänge, mit welchen Prozenten die Mitglieder der wissenschaftlichen Korporationen in den Organen vertreten seien. Die Grenze sei erreicht, wenn die sogenannte „Drittelparität“ von Lehrstuhlinhabern, Mittelbau und Studenten überhaupt ernstlich diskutiert werde.

N. N.: Westdeutsche Rektorenkonferenz verabschiedet Reformprogramm für Universitäten, bei scharfer Kritik an Staat und Gesellschaft; Vorgeschichte: Unruhen in der Studentenschaft. In: Archiv der Gegenwart, 2001 [zuerst 1968], S. 13648. [DWDS]

Mit 3500 aktiven und 25000 ehemaligen Studenten (Alte Herren) ist die Deutsche Burschenschaft (DB) die größte schlagende Verbindung, mit 138 Korporationen in der Bundesrepublik, Westberlin und Österreich ist sie zugleich die größte Vereinigung in dem Dachverband Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK), dem noch 15 weitere, der DB nicht unähnliche Organisationen angehören.

Matthiesen, Hayo: Muff in ihren Köpfen. In: Die Zeit, 30. 5. 1975, Nr. 23. [DWDS] (zeit.de)

Helmut Schmidt würde den Politikwissenschaftlern, wenn er sich denn mit ihren Diskussionen beschäftigte, wahrscheinlich zustimmen, wenn sie urteilen, der Staat habe eine „neue Rolle“ übernommen; und das, nicht weil er besonders stark, sondern weil er besonders schwach, überfordert und in die Defensive geraten sei. Korporatismus als Ausweg, um der „Unregierbarkeit“ ein Schnippchen zu schlagen: Vermutlich würde diese These von konservativer Seite dem Kanzler gut behagen.

Hofmann, Gunter: Die Handschrift des Kanzlers. In: Die Zeit, 8. 8. 1980, Nr. 33. [DWDS] (zeit.de)

Seit einigen Jahren hat die Diskussion um den „neuen“, „liberalen“, „pluralen“ oder „gesellschaftlichen Korporatismus“ die Aufmerksamkeit der Sozialwissenschaft – zunächst im angelsächsischen Bereich und zunehmend auch in der Bundesrepublik – auf sich gezogen. In Deutschland war die Reaktion auf diesen Begriff zunächst besonders skeptisch, da Korporatismus an nationalsozialistische Ideologie und faschistische Theoreme erinnert. Diese Assoziation ist verständlich, führt aber in die Irre.

Alemann, Ulrich von: Verbändestaat oder Staatsverbände? In: Die Zeit, 19. 9. 1980, Nr. 39. [DWDS] (zeit.de)

Amerikanisch ausgedrückt: big business plus big labor plus big government. Die älteste Wurzel des Korporatismus ist die ständische Verfassung der vorindustriellen Gesellschaft. Die Idee der ständisch gegliederten Gesellschaft geht bis heute davon aus, daß der liberale, parteienstaatliche Parlamentarismus nicht fähig sei, die wesentlichen Interessen der Gesellschaft gerecht zu vertreten.

Alemann, Ulrich von: Verbändestaat oder Staatsverbände? In: Die Zeit, 19. 9. 1980, Nr. 39. [DWDS] (zeit.de)

Aus der Reformdiskussion nach 1820 schließt Hildermeier, daß „die Planer in der autokratischen Verwaltung dem ,gesellschaftlichen‘ Bewußtsein – soweit von einem solchen die Rede sein konnte und soweit es in den Kommentaren der Korporationen zum Ausdruck kam – immer noch um einiges vorauseilten.“ Doch trotz dieser relativen Aufgeschlossenheit hielt die Autokratie die „Bürger“ in der kollektiven Bindung an die Gemeinde.

Huber, Maria: Der alte Staat und die Reform. In: Die Zeit, 7. 8. 1987, Nr. 33. [DWDS] (zeit.de)

Hinzu kamen die prächtigen Uniformen, welche die Vertreter der fünf einheimischen Korporationen zur Feier des Tages angelegt hatten – galt es doch, verdiente Karnevalisten zu ehren.

N. N.: „Wo honn ihr’s Geld här?“. In: Saarbrücker Zeitung, 13. 2. 1993. [DWDS]

Und in der entscheidenden Frage der Wirtschaft, der Basis vieler Ideologien, hat sich der Labour-Chef Vorbilder ausgesucht, die den Thatcherismus sogar noch übertreffen: Er schätzt den leistungsbewußten Korporativismus der „kleinen Tiger“ – jener Staaten in Südostasien, denen das 21. Jahrhundert gehören soll. Margaret Thatcher kann beruhigt sein.

Mayer, Norbert: Nach der Revolution. In: Berliner Zeitung, 27. 3. 1997. [DWDS]

Nach dem Korporativismus der italienischen Faschisten und dem patronalen Netzwerk Hitlers, der zum Beispiel seine Generäle ständig mit großen Sonderzahlungen für ihre Loyalität abspeiste, haben sich die Menschen in den Gemeinden unserer Forschung eine patronale Honoratiorengesellschaft geschaffen, mit der sie die Zementierung aller Machtverhältnisse und Kanalisierung aller Geldflüsse im Kalten Krieg überstehen konnten. Immerhin garantierte diese neue Struktur bisher ungeahnte Freiheiten des Einzelnen und das großartige Erbe der sozialen Marktwirtschaft.

Hauschild, Thomas: Bimbes statt Bimbos. In: Die Zeit, 3. 2. 2000, Nr. 6. [DWDS] (zeit.de)

Für keinen von ihnen gibt es mehr als für den anderen. Die Korporationen, die Körperschaften mit gemeinsamem Grundbesitz, die »Genossame«, wie sie vor Ort oft genannt werden, sind in mehreren Kantonen verfassungsrechtlich verankert. Neben dem Kanton Schwyz auch in anderen Zentralschweizer Kantonen oder in Bern.

Müller, Christian: Brüderlicher Kapitalismus. In: Die Zeit, 19. 7. 2012, Nr. 30. [DWDS] (zeit.de)

Auch ist das Leben in Studentenverbindungen mehr als eine große Wohngemeinschaft mit regelmäßigen Ausflügen. Die Korporationen sollen auf die Persönlichkeitsbildung der Studierenden einwirken, das Leben in der Verbindung regelt der Comment, der sich seit den Gründungszeiten der Studentenverbindungen kaum verändert hat. Selbst für Feiern gibt es ein Regelwerk, den Kneip- sowie den Biercomment.

Dämon, Kerstin: Karriere dank Elite-Kontakten. In: Die Zeit, 29. 7. 2012, Nr. 28. [DWDS] (zeit.de)

Doch das wirft waschechte Karnevalisten nicht aus der Bahn. Daher haben die Vereine und Korporationen gemeinsam überlegt, wie man den Menschen in diesen schweren Tagen trotzdem eine närrische Freude bereiten kann.

N. N.: Durch strahlende Kinderaugen belohnt. In: Rhein-Zeitung, 29. 3. 2021. [DWDS]