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Aktivist Aktivismus · aktivistisch

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Die vom Adjektiv aktiv abgeleitete Personenbezeichnung Aktivist (dazu Aktivismus und aktivistisch) weist eine wechselvolle Geschichte mit mehreren sich überlagernden und teils sehr unterschiedlichen Gebrauchstraditionen auf: Handelte es sich zu Beginn der Bezeugung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch um einen Ausdruck der Philosophie, steht das Wort seit dem Ersten Weltkrieg für die Anhänger pro-deutscher politischer Bewegungen im europäischen Ausland (bzw. für diese Bewegungen selbst). Ab ca. 1920 kommt die Bedeutung engagierter, besonders aktiver Vertreter einer politischen Partei, Bewegung neu hinzu. Über eine von hier ausgehende Bedeutungserweiterung entwickelt sich dann ab der Mitte des 20. Jahrhunderts allmählich die heute verbreitete Lesart Person, die sich aktiv für eine politisch-gesellschaftliche Sache einsetzt.

Wortgeschichte

Ein Wort der Philosophie

Das Substantiv Aktivismus ist seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts belegt (1863, 1894), die dazugehörige Personenbezeichnung Aktivist sowie das Adjektiv aktivistisch werden etwas später in der Überlieferung greifbar (1912a, 1912b; vgl. auch 1DFWB unter Aktivist und 2DWB 2, 170DWDS). In den frühen Belegen für Aktivismus aus der Zeit bis ungefähr zum Beginn des Ersten Weltkriegs steht das Wort überwiegend für eine weltanschauliche Richtung, die auf eine aktive Gestaltung der Welt gerichtet ist (im Beleg 1894 im Gegensatz zu QuietismusDWDS als einer Lehre, die auf Passivität und Innerlichkeit abzielt). Aktivist bezeichnet entsprechend einen Anhänger dieser Bestrebungen (vgl. 1907), und als aktivistisch wird eine Person oder eine Sache charakterisiert, die den Maximen des Aktivismus folgt bzw. diesen entspricht (1912c).

Diese auf eine Weltanschaung bezogenen Wortverwendungen von AktivismusAktivist, aktivistisch, die vom Adjektiv aktiv abgeleitet sind, lehnen sich erkennbar an bereits länger bestehende Strukturen des Typs Idealismus, Idealist, idealistisch an, die ja ebenfalls auf eine philosophische Richtung bzw. deren Vertreter und Eigenschaften Bezug nehmen.

Namenartige Verwendungen in der Zeit des Ersten Weltkriegs

Diese frühe Verwendung von Aktivist und Aktivismus bleibt vorwiegend auf die philosophische Fachliteratur beschränkt1) und bildet keine erkennbaren wortgeschichtlichen Traditionslinien aus (in ironischer Brechung möglicherweise in einem Beleg von 1922b). In der Zeit des Ersten Weltkriegs tritt dann eine weitere Verwendungsweise hinzu, die im Gegensatz zu den älteren philosophisch-weltanschaulich geprägten Traditionen dieses Wortgebrauchs erstmals auch eine politische Dimension ins Spiel bringt. Mit Aktivismus und Aktivist wird nunmehr auf unterschiedliche pro-deutsche Strömungen im Ausland bzw. deren Vertreter Bezug genommen, die eigene nationale Interessen mit den Interessen des Deutschen Reichs und seiner Verbündeten verknüpfen. Es wird über Aktivisten oder auch eine aktivistische Bewegung in Skandinavien, in Belgien sowie in Polen berichtet (1916, 1918b, 1918a, vgl. noch 1936 und 1937c), später werden auch die mit dem Nationalsozialismus sympathisierenden Vertreter der sudetendeutschen Partei als Aktivisten bezeichnet (1937b).

In diesen Gebräuchen kommt das Wort einem Eigennamen sehr nahe, da es einen konkreten Bezug auf spezifische Erscheinungen in der Welt enthält. Aktivist (bzw. Aktivismus und aktivistisch) ist hier zudem ein Exotismus, da Gegebenheiten außerhalb des deutschen Sprachraums bzw. des deutschen Reiches thematisiert werden, und zwar wohl in direkter Übernahme der Wörter aus den jeweiligen Sprachen (vgl. niederländisch activist und activisme). Da Aktivist bzw. aktivistisch somit relativ spezifische Sachverhalte adressiert, ist es – wie auch im Fall des oben angesprochenen philosophischen Wortgebrauchs – schwer einzuschätzen, ob von hier ausgehend eine wortgeschichtliche Traditionsbildung stattgefunden hat. Möglicherweise war die kommunikative Reichweite dieser Verwendungen dafür nicht hinreichend ausgeprägt.

Der Aktivist in der Politik

Seit ca. 1920 finden sich erstmals Belege für die Personenbezeichnung Aktivist, die bereits der heute geläufigen Bedeutung nahekommen: engagierter, besonders aktiver Vertreter einer politischen Partei, Bewegung (1922c, 1922a, 1926, 1930b, 1949c). Das Abstraktum Aktivismus, das ebenfalls ab 1920 einen Bedeutungswandel erfährt, steht nun analog auch für engagiertes, radikales politisches Auftreten (1920b, 1920a, vgl. 1950c).

Zwar ist Aktivist für Akteure sowohl von links wie von rechts verwendbar, allerdings fällt auf, dass vor allem in Texten des Nationalsozialismus die eigenen Anhänger häufig als Aktivisten heroisiert werden, hier besonders mit Bezugnahme auf die sog. Kampfzeit der Weimarer Republik (1937a, 1939). Vor diesem Hintergrund erscheint es naheliegend, dass in den Entnazifizierungsverfahren der Nachkriegszeit Aktivist als Kategorie für verantwortliche Täter eingeführt wurde, dies in Abgrenzung u. a. zum Mitläufer (1945b, 1945a).

Gelegentlich kann die Personenbezeichnung aber auch in einem sehr allgemeinen Sinne, der direkt an das Adjektiv aktiv anschließt, gebraucht werden: Aktivist ist dann eine tatkräftige Persönlichkeit (1930a, mit Bezug auf energisches Handeln in der Politik im Beleg 1965), Aktivismus bedeutet entsprechend ,rege Tätigkeit, Geschäftigkeit‘, gelegentlich auch mit pejorativem Unterton (1923, 2005). Analog dazu kann das Adjektiv aktivistisch tatkräftig, zum Handeln bereit bedeuten, hier, wie im Fall von Aktivist, auch mit Bezug auf Tatkraft von Akteuren in der Politik und verwandten Feldern (1982a, 2008).

Engagierte Zeitgenossenschaft

In der ab 1920 neu aufkommenden Bedeutung engagierter, besonders aktiver Vertreter einer politischen Partei, Bewegung hält sich Aktivist bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts (1951, 1972, 1982b, 1993). Das Wort erfährt in dieser Zeit eine allmähliche Bedeutungserweiterung: Es wird nun zunehmend nicht nur auf besonders engagierte Vertreter einer politischen Partei oder Bewegung verwendet, sondern auch für Personen gebraucht, die sich für jeweils ganz unterschiedliche gesellschaftlich bedeutsame Anliegen wie Minderheitenrechte, Frieden, Umwelt oder Tierschutz einsetzen (1956, 1966, 1970a). Aktivisten sind damit nicht so sehr als Anhänger einer Partei oder Bewegung zu fassen, sondern als Menschen, die aktiv und energisch für eine Sache eintreten, von der sie überzeugt sind.

Diese semantische Verschiebung spiegelt sich auch in den seit den 1970er Jahren auftretenden Komposita wie Anti-Konsum-Aktivist (1970b), Bürgerrechtsaktivist (1979), Friedensaktivist (1983b), Umweltaktivist (1983a, 1986), Tierschutzaktivist (1984), Wohlfahrtsaktivistin (1988), Anti-Atom-Aktivist (1996) oder Klima-Aktivist (2004). Das Erstglied steht dabei stets für die positiv bewertete Sache, zu deren Gunsten der Aktivist sich engagiert, es sei denn es liegt das Muster Anti-X-Aktivist vor; in diesem Fall ist die entsprechende Position mit einem negativ bewerteten Substantiv besetzt, das für die zu bekämpfende Sache steht.

Sprachübergreifende Zusammenhänge

Die hier vorliegende Bedeutungserweiterung ist auch in einem sprachenübergreifenden Zusammenhang zu sehen. So ist auch für das englische activist eine entsprechende Bedeutung bezeugt, und zwar nach den Belegen im 3OED unter activist B 2 b ab den späten 1960er Jahren. Die ältere und speziellere Verwendung engagierter Vertreter einer politischen Partei, Bewegung ist hier seit den 1920er Jahren nachgewiesen. Zu berücksichtigen ist hier auch, dass viele der deutschsprachigen Belege aus den 1960er Jahren über Erscheinungen in der englischsprachigen Welt, zumal in den USA, berichten. Daher ist ein mindestens verstärkender Lehneinfluss des Englischen nicht auszuschließen.2)

Aktivismus und Ideologie: Ansätze einer Bedeutungsverschlechterung

Bei der Personenbezeichnung Aktivist, vor allem beim Adjektiv aktivistisch und dem Abstraktum Aktivismus sind in jüngster Zeit Ansätze einer Bedeutungsverschlechterung auszumachen. Vornehmlich auf Seiten eines eher als konservativ einzuschätzenden Meinungsspektrums werden Aktivisten und Aktivismus zuweilen als sachfremd und unwissenschaftlich kritisiert (1969, 2001, 2022b, 2022a), und mit dem Attribut aktivistisch versehene Personenbezeichnungen charakterisieren diese in einigen Kontexten als nicht-objektiv und ideologiegetrieben (2022a). Auch zu dieser Bedeutungsverschlechterung gibt es offenbar Parallelen bzw. Vorbilder im zeitgenössischen Englischen.

Aktivist als Held der Arbeit in der DDR

In der an Einflüssen und Entwicklungen nicht armen Wortgeschichte von Aktivist spielt auch eine Übernahme aus dem Russischen eine wichtige Rolle. So wurde das Wort in der DDR seit Ende der 1940er Jahre als Titel zur Auszeichnung von Werktätigen verwendet, die besondere Leistungen in der Produktion erbrachten (1949a, 1949b, 1950a, 1950b, 1964). Dieser im Kontext der sog. Aktivistenbewegung zu verordnende Wortgebrauch folgt unmittelbar der entsprechenden Verwendung von russisch aktivíst (активист; s. Pfeifer unter AktivistDWDS sowie 2DFWB unter Aktivist 2 c). Arbeitsleistung und politisches Engagement wurden hier miteinander kurzgeschlossen: Wer in der Produktion außerordentliche Ergebnisse erzielte, trug gleichzeitig zum Aufbau des Sozialismus bei und galt als vorbildlicher DDR-Staatsbürger (1963). Damit ist auch ein Anschluss an die ältere Wortbedeutung engagierter Vertreter einer politischen Partei, Bewegung gegeben: ein guter Sozialist ist eben auch im Betrieb nicht faul.

Eine über das Ende der DDR hinausreichende wortgeschichtliche Traditionslinie hat diese Bedeutung nicht entwickelt, zumal mit dem Untergang der DDR das sozialistische Auszeichnungswesen gegenstandslos geworden ist.

Anmerkungen

1) In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass im HWPh kein Stichwort Aktivismus bzw. Aktivist enthalten ist. Das kann als Bestätigung der Annahme gewertet werden, dass sich in der Philosophie keine Schule des Aktivismus herausgebildet hat, zumal mit dem sog. Pragmatismus bereits eine verwandte Strömung etabliert war, vgl. auch HWPh 7, 1244–1249.

2) Laut GDLI 1, 822 ist die Personenbezeichnung im Italienischen (attivista) ein Neologismus (ohne nähere Angaben zur Bezeugung); attivismo ist aber laut GDLI bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts belegt.

Literatur

1DFWB Schulz, Hans/Otto Basler: Deutsches Fremdwörterbuch. Weitergeführt im Institut für deutsche Sprache unter der Leitung von Alan Kirkness. Bd. 1–7. Straßburg bzw. Berlin 1913–1988. (owid.de)

2DFWB Deutsches Fremdwörterbuch. Begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler. 2. Aufl., völlig neu erarbeitet im Institut für Deutsche Sprache von Gerhard Strauß u. a. Bd. 1 ff. Berlin/New York 1995 ff. (owid.de)

2DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Neubearbeitung. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vormals Deutsche Akademie der Wissenschaften) und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 1–9. Stuttgart 1983–2018. (woerterbuchnetz.de)

GDLI Battaglia, Salvatore: Grande dizionario della lingua italiana. Vol. 1–21. Turin 1971–2002. (gdli.it)

HWPh Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hrsg. von Joachim Ritter, Karlfried Gründer, Gottfried Gabriel. Völlig neubearb. Ausg. des „Wörterbuchs der philosophischen Begriffe“ von Rudolf Eisler. Bd. 1–13. Basel 1971–2007.

3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)

Pfeifer Pfeifer, Wolfgang u. a.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. (dwds.de)

WNT Woordenboek der Nederlandsche Taal. Bd. 1–29. ’s-Gravenhage u. a. 1882–1998. (ivdnt.org)

Belegauswahl

Oft wird dem Geschränk eine besondere Umrahmung zu Theil […]. In diesem Falle bildet jenes die Füllung des Rahmens, aber eine aktive Füllung, deren Aktivismus im struktursymbolischen Sinne sich ausdrücken soll.

Semper, Gottfried: Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten oder Praktische Ästhetik. Zweiter Band: Keramik, Tektonik, Stereotomie, Metallotechnik. München 1863, S. 231. (books.google.de)

Mit Letzterem aber kommen wir nun vollends […]zu jenem höheren Dritten über Junghegelianer und Schopenhauer hinaus, zu jener bereits erwähnten Synthese einer späteren Abschluss-Periode, welche Wagner […]in einem dem Künstler so recht geläufigen optimistischen, oder richtiger gesagt: gemilderten Pessimismus das Nichts des Philosophen als kein trost- und hoffnungsloses Absolutes mehr auffassen, in der (mit der Abhandlung über „Religion und Staat“ gegenüber dem tragischen Ernste des Lebens so sehr betonten) „Heiterkeit“ der Kunst, sowie in der (X. S. 314) auf logischem Wege versuchten Begründung der „Vereinung des Willens“ als einer „Affirmation das alte Grundmotiv der Freude aus der ersten Periode wieder aufleben und entgegen dem indischen Quietismus der „Sieger“ beim christlichen Aktivismus eines „Parsifal“ anlangen lässt.

Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik 104/1 (1894), S. 151. (books.google.de)

welche arten der kämpfe bei solcher scheidung zwischen indifferentisten, naturalisten, optimisten, skeptikern, aktivisten entstehen müssen, ist leicht zu ersehen.

²DWB 2, 170 (Eucken, grundlinien 293). (dwds.de)

In erkenntnistheoretischer Beziehung ist O. Positivist, evolutionistischer Empirist, Relativist und insofern »Pragmatist« (oder »Aktivist«), als er die praktische, der Beherrschung der Natur dienende Rolle des Denkens und der Wissenschaft betont.

Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 2000 [1912], S. 23124. [DWDS]

Die Philosophie ist aktivistisch zu gestalten, sie soll ein »Prinzip allseitiger Gestaltung des Lebens« sein.

Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 2000 [1912], S. 21537. [DWDS]

Der Pragmatismus wendet sich dem Handeln zu, ist also aktivistisch.

Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 2000 [1912], S. 22202. [DWDS]

Die Aktivisten wollen darum Schweden […], von dem sie in erster Linie wegen seines Wald- und Erzreichtums und seiner Wasserfälle eine glänzende ökonomische und finanzielle Entwicklung erhoffen, zum führenden Staate im Norden machen. Zu diesem Zwecke sehen sie es als ihre Aufgabe an, im Kampfe gegen Rußland die Grenzen gegen Osten zu sichern und dadurch für alle Zeit die Unabhängigkeit zu erkämpfen

Die Grenzboten 75/2 (1916), S. 84. (deutschestextarchiv.de)

Ein polnischer Staat kann gegen das Interesse der Zentralmächte nicht gebildet werden. Die „Passivisten“ vergraben Polen in ihre Herzen; die „Aktivisten“ wollen ein lebendes Polen haben und verlassen daher die Sphären der schönen Träume. Diese und ähnliche polnische Stimmen veranlassen die Times am 1. November zur Klage, daß […]die Lage in Polen sehr kritisch sei und die Verhältnisse zur Verwirklichung der deutschen Hoffnungen führen.

Die Grenzboten 77/1 (1918), S. 52. (deutschestextarchiv.de)

Gerade die Aktivisten in Belgien haben Klage darüber geführt, daß die deutsche Verwaltung die aktivistische flämische Bewegung nicht unterstütze, daß sie ihnen nicht gestatte, ein eigenes Blatt zu begründen, und sie lange verhindert habe, sich für die Selbständigkeit der Flamen zu erklären […], vielleicht aus dem Grunde, weil sie daraus irgenwelche weltpolitischen Komplikationen befürchtet und deshalb in dieser Beziehung von einer Festlegung möglichst absehen wollte.

Verhandlungen des Reichstags. XIII. Legislaturperiode. II. Session. Bd. 313. Stenographische Berichte. Berlin 1918, S. 5652. [DWDS] (digitale-sammlungen.de)

Das kommt aber davon, daß die Entente, aus Mangel an Aktivismus, sich mit dem Verlangen nach Auslieferung der Schuldigsten so viel Zeit und am Ende gar, nachdem sie sich an den Opfern schadlos gehalten hat, sie großmütig im Vollbesitz ihrer Vampyre läßt.

Die Fackel [Elektronische Ressource], 2002 [1920], S. 56. [DWDS]

Der Band enthält die wichtigsten politischen Essays Heinrich Manns: ‚Geist und Tat‘, jene erste Arbeit, mit der der Aktivismus in Deutschland eingeführt wurde, das heißt: der Gedanke, daß ein Parteiprogramm, das den Leuten nicht in allen Geschäften des Tages wehe tut oder sie anfeuert, zu nichts nutz ist.

Tucholsky, Kurt: Macht und Mensch. In: Werke – Briefe – Materialien. Berlin 2000 [1920], S. 1933. [DWDS]

So wurde dieser junge Mann ein wichtiger Aktivist in der serbischen Antikriegsbewegung .

Das Goetheanum 72 (1922), S. 463. (books.google.de)

Ein kubistischer Maler namens Täubchen beschloß, nachdem er viele Bilder kubischer Art gemalt, nunmehr als rechter Aktivist auch „so“: nämlich kubisch zu leben.

Klabund: Kunterbuntergang des Abendlandes. In: Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka. Berlin [2000] 1922, S. 112040. [DWDS]

Anteilscheine, und nicht wenige, der großen Genossenschaft zur Ausbeutung der Revolution – wie es eine zur Ausbeutung des Krieges gab; sie sind beide schon bankerott – haben auch die „Aktivisten“.

Haecker, Theodor: Satire und Polemik. Innsbruck 1922, S. 244. (deutschestextarchiv.de)

Die Wirtschaft aber, durch glückliche Konjunkturen angespornt, durfte Aktivismus entfalten.

Schultze-Pfaelzer, Gerhard: Propaganda, Agitation, Reklame. Berlin 1923, S. 213. [DWDS]

Ein Schriftsteller nennt sich in Deutschland einen Aktivisten, wenn er, statt dem Leser ein geistiges oder künstlerisches Erlebnis zu vermitteln, ihn zu bestimmten, insbesondere politischen Handlungen auffordern will. In diesem Sinne war also der Zola des „J’accuse“ […] ein Aktivist.

Petriconi, H.: Die spanische Literatur der Gegenwart Seit 1870. Wiesbaden 1926, S. 150. (books.google.de)

„[…] Aber ein Mensch wie ihr Vetter“, sagte Arnheim, „ein Aktivist, der immer den Kopf voll davon hat, wie die Dinge anders und besser zu machen wären, hat kein Empfinden dafür.“

Musil, Robert: Der Mann ohne Eigenschaften. (Gesammelte Werke in Einzelausgaben). 3. Aufl. Hamburg 1937, S. 277–278. (archive.org)

»Man fragt nicht mit Unrecht«, meint der deutschnationale ‚Tag’ warum seine Stücke nicht von den »Aktivisten« der Linken propagandistisch ausgebeutet wurden – zu Zeiten, als Toller seinen längst vergangenen Ruhm erntete (»seinen« ist gut) und Piscator seine Agitation entfaltete.

Die Fackel [Elektronische Ressource], 2002 [1930], S. 55. [DWDS]

Das Urteil über den flämischen Aktivismus ist sehr ungünstig, aber nicht ehrenrührig.

Jahresberichte für deutsche Geschichte (1936), S. 691. [DWDS]

Das ist die ewige Mission des nationalsozialistischen Ordens im deutschen Volk, voran die Männer der SA., die Aktivisten der Idee!

Völkischer Beobachter (Berliner Ausgabe), 3. 3. 1937, S. 1. [DWDS]

Es ist tief beschämend, daß auch die deutschen Regierungsblätter an dem Pressefeldzug gegen Henlein teilnehmen, obwohl die deutschen Aktivisten genau wissen, daß die Versprechungen, die ihnen jüngst gemacht wurden, nur auf den starken Druck zurückzuführen sind, der […]von außen vor allem von der englischen Öffentlichkeit und von innen von der sudetendeutschen Einheitsbewegung auf die Regierung ausgeübt worden ist.

Völkischer Beobachter (Berliner Ausgabe), 3. 3. 1937, S. 16. [DWDS]

Das Amnestiegesetz für die flämischen Aktivisten, das kürzlich von der belgischen Kammer mit knapper Mehrheit verabschiedet wurde […], wurde nunmehr auch vom Senat […]mit 90 gegen 64 Stimmen bei 5 Stimmenenthaltungen angenommen.

Archiv der Gegenwart 7, 11. 6. 1937, S. 3087. [DWDS]

Ein Aktivist wie Hermann Göring bleibt seiner Waffe auch in einer Zeit treu, wo die Waffen ruhen.

NS-Frauen-Warte (1939), S. 426. [DWDS]

Es müssen Unterschiede gemacht werden zwischen den Aktivisten und den „kleinen Nazis“.

Süddeutsche Zeitung, 1995 [1945], S. 3. [DWDS]

Dem Gericht obliegt die Aufgabe, Gewerbetreibende, die der Nazipartei angehört hatten, in Aktivisten und gewöhnliche Mitläufer auszuscheiden.

Süddeutsche Zeitung, 1995 [1945], S. 7. [DWDS]

Adolph Hennicke. […] Eine Menge von Arbeitern halte ihn für einen Ausbeuter u. Todhetzer der untererhährten Arbeiter. […] Was leistete er wirklich? Was hat es mit ihm u. den Aktivisten (LQI) in Wirklichkeit auf sich?

Klemperer, Victor: So sitze ich denn zwischen allen Stühlen. Tagebücher 1945–1949. Berlin 1999 [1949], S. 627. [DWDS]

Adolf Hennecke hielt nach der „Tannhäuser“-Ouvertüre eine Ansprache vor den als Gäste eingeladenen Aktivisten der Sowjetzone.

Die Zeit, 14. 4. 1949, Nr. 15. [DWDS] (zeit.de)

So ist es zu verstehen, daß Dimitroff, der schon als Setzerlehrling zu Beginn des Jahrhunderts marxistischer Aktivist war […], alsbald die Lehren von Lenin annahm, an der Gründung der bulgarischen kommunistischen Partei teilnahm und 1923 den Aufstand in Sofia dirigierte, zwar mehrfach verurteilt, doch niemals für längere Zeit seiner Laufbahn entfremdet wurde.

Die Zeit, 7. 7. 1949, Nr. 27. [DWDS] (zeit.de)

Tausende und Zehntausende von Aktivisten sind ständig bemüht, die Leistungen zu verbessern, die Arbeitsproduktivität zu heben und beste Qualitätswaren zu erzeugen.

Neues Deutschland, 14. 4. 1950, S. 1. [DWDS]

Die Qualitätsbewegung, die mit den Leistungen der Aktivistinnen Lucie Ermisch und Marianne Bau ihren Anfang nahm, hat seit dem Brief Alexander Tschutkichs, des hervorragenden sowjetischen Neuerera, an Franz Striemann einen großen Aufschwung genommen.

Neues Deutschland, 16. 4. 1950, S. 7. [DWDS]

Das Gewissen der Widerständler ist am Ende nicht besser als das der Folterknechte von der Vichy-Miliz, und so werden Sartres vier Akte eine schreckhaft brüske Warnung vor jedem politischen Aktivismus, der auf die Vernichtung des Gegners abzielt.

Die Zeit, 18. 5. 1950, Nr. 20. [DWDS] (zeit.de)

Der alternde Cole spürt das so deutlich wie der Kreis um den stürmischen Bevan. Jener hat keine große Macht mehr über die Geister der Bewegung, dieser will die Aktivisten und kompromißlosesten Vertreter sammeln zur Rückeroberung des an die Attlee, Morrison, Gaitskell und Gordon-Walker verlorenen Geländes.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. 6. 1951, S. 1.

Ihnen allen gegenüber möchte Wolfgang Weyrauch, der unentwegte Aktivist der Humanität, vor der Drohung der Atombombe auch seine Lyrik zum Mittel der Verteidigung und Förderung der Menschlichkeit des Menschen machen

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. 1. 1956, S. BuZ5.

Er nahm dann Arbeit im Volkseigenen Betrieb „8. Mai“ auf. Dort reichte er fünfzig Verbesserungsvorschläge ein. Die Auszeichnung als Aktivist wurde wiederum abgelehnt, und zwar mit der Begründung, er leiste zuwenig gesellschaftliche Arbeit und beschäftige sich in seiner Freizeit lediglich im Laienspielzirkel und mit der Zucht von Zierfischen.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. 1. 1963, S. 8.

Einmal war er deswegen sogar öffentlich gelobt, als Aktivist ausgezeichnet worden, obwohl er sich kaum noch des Namens entsonnen hatte, eines schwer aussprechbaren russischen Namens, mit dem die Methode bedacht worden war.

Neutsch, Erik: Spur der Steine. Halle 1964, S. 142. [DWDS]

Der bevorstehende Besuch Ludwig Erhards liefert den Aktivisten in der amerikanischen Hauptstadt jetzt den Anlaß, auf ein klärendes Wort Johnsons zu den atlantischen Problemen zu drängen.

Die Zeit, 19. 11. 1965, Nr. 47. [DWDS] (zeit.de)

In diese Gruppe [der amerikanischen Stundenten] passen alle diejenigen, die auf so beunruhigende Weise Lärm geschlagen haben, die gegen den Vietnam-Krieg Rebellierenden, die Aktivisten, die heute gegen die Rassenunterschiede protestieren und morgen für Free Speech Movement eintreten; aber auch die Stillen im Lande, die sich wenig waschen und mit LSD und anderen Drogen ins Privatleben zurückziehen […], und auch diejenigen, die an irgendeine Veränderung nicht zu glauben vermögen und lieber gleich, Schluß machen, die vermeintlichen outcasts und potentiellen Selbstmörder.

Die Zeit, 20. 5. 1966, Nr. 21. [DWDS] (zeit.de)

Man hat sich bei Caudwell oder Lukacs immer wieder verwundert über den Widerspruch zwischen dem scheuklappenartigen Schema […]des primitiven gedanklichen Rahmens und dem Scharfsinn der oft glänzenden Einzelbemerkungen […], die hier nicht wegen, sondern trotz der marxistischen Methode möglich scheinen – es sind sozusagen Literaturwissenschafter malgré eux. Eine andere Erscheinungsform dieses Widerspruches ist es, daß echter wissenschaftlicher Erkenntniswille sich mit ideologischem Aktivismus vermischt und einschränkt.

Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Bern/München 1969, S. 131. (deutschestextarchiv.de)

„Say it loud: Gay is proud.“ […]„Raus aus den Kammern und auf die Straße“ forderten Plakate, und Transparente zeigten das weite Spektrum des neuen homophilen Selbstbewußtseins an, das sich in der „Gay Liberation Front“ gesammelt hat. Neben altetablierten Organisationen […]wie der Mattachine Society – nach spanischen Hofnarren des 16. Jahrhunderts benannt – und den Bilitis-Töchtern marschierten homosexuelle Studentengruppen der großen Universitäten des Nordostens, „Gay People“ von Columbia und Yale, die Politische Allianz Homosexueller Aktivisten, Gesetzreformer, schließlich sogar eine homosexuelle Sozialistengruppe, die sich den Namen „Roter Schmetterling“ gegeben hat.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. 11. 1970, S. BuZ1.

Dabei haben sich die Verbraucher gerade in diesem Jahr weitaus vernünftiger und kritischer verhalten, als die Anti-Konsum-Aktivisten wahrscheinlich angenommen haben.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. 12. 1970, S. 21.

Angeführt von Francisco Ascaso, der seine 9mm-Astra stets gezogen hat, gehen die Mitglieder des Verteidigungskomitees der Anarchisten vorsichtig, gedeckt durch die starken Bäume der Ramblas-Promenade, in südlicher Richtung vor: […]Durruti, Ortiz, Valencia, García Oliver und die Aktivisten der anarchistischen Gewerkschaften […]: Correa von den Bauarbeitern, Yoldi und Barón von den Metallern, García Ruiz von den Straßenbahnern.

Enzensberger, Hans Magnus: Der kurze Sommer der Anarchie. Frankfurt a. M. 1972, S. 121. [DWDS]

Präsident Carter läßt Young, der ein persönlicher Freund ist, widerstrebend und höchst ungern gehen. Der ehemalige Bürgerrechtsaktivist und enge Mitarbeiter von Martin Luther King ist eines der wenigen schwarzen Mitglieder von Carters Kabinett.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. 8. 1979, S. 3.

Wie eifrig die CIA-Bruderschaft von ihren wiedererlangten Freiheiten Gebrauch machen wird, beweist sie nun in Honduras. Nicht ausgeschlossen ist freilich, daß Amerikas Geheime einmal wieder zu aktivistisch waren und ihren heimlichen Krieg im falschen Land führen.

Der Spiegel, 8. 11. 1982, S. 147. [IDS]

In der Zeit des Vietnamkrieges suchte eine ganze Generation nach neuen Lebensformen und es fehlte deshalb nicht an radikalen Aktivisten, die sich der Aufgabe verschrieben, die Welt vor dem Umwelttod zu retten.

Die Zeit, 3. 12. 1982, Nr. 49. [DWDS] (zeit.de)

Man kann nicht wie die kleinbürgerlichen „Umweltaktivisten" gegen Öl, Kohle, Ausbau der Wasserkraft und zugleich gegen die friedliche Anwendung der Atomkraft auftreten.

Neues Deutschland, 18. 4. 1983. [DWDS]

Sie schickten den eher unbedeutenden Minister für Soziales und Nationale Solidarität, Pierre Bérégovoy, der schließlich am Freitag eine gute Stunde mit den Friedensaktivisten sprach.

Die Zeit, 16. 9. 1983, Nr. 38. [DWDS] (zeit.de)

Es kam dabei zu spontanen Demonstrationen von Rüstungsgegnern, Homosexuellen, Feministinnen, Tierschutzaktivisten, Anarchisten und Punks.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31. 3. 1984, S. 2.

Gegen die Genehmigung, die 1983 erteilt wurde, reichte Jeremy Rifkin, ein Umweltaktivist aus Washington, Klage ein..

Die Zeit, 4. 4. 1986, Nr. 15. [DWDS] (zeit.de)

Doch, so zürnt die New Yorker Politikwissenschaftlerin und Wohlfahrtsaktivistin Frances Fox Piven: „Dreiunddreißig Millionen Amerikaner leben unterhalb der ohnehin viel zu niedrig bemessenen Armutsgrenze – und das auf dem Gipfel eines Booms.“

Die Zeit, 10. 6. 1988, Nr. 24. [DWDS] (zeit.de)

Im Bezug auf den Rechtsradikalismus in Hoyerswerda sprach sie von einer Gruppe von etwa 30 bis 40 Aktivisten, die es leider geschafft hätten, den Ruf der Stadt empfindlich zu schädigen.

Saarbrücker Zeitung, 26. 5. 1993. [DWDS]

Als sich deutsche Anti-Atom-Aktivisten vor rund 20 Jahren erste Straßenschlachten mit der Polizei lieferten, herrschte in Frankreich noch Atom-Euphorie.

Berliner Zeitung, 31. 7. 1996. [DWDS]

Vielen Gegnern der Biotechnologie geht es weniger um „Sicherheit“ – die Sicherheitsstandards sind für gentechnisch veränderte Produkte viel höher als für normale Produkte – als um politischen und ideologischen Aktivismus.

Der Tagesspiegel, 10. 6. 2001. [DWDS]

Auch die Klima-Aktivisten lassen uns lustvoll vor der Eiszapfenzeit zittern.

Die Zeit, 27. 5. 2004, Nr. 23. [DWDS] (zeit.de)

Das Leben des zappeligen Hamburgers ist weiterhin Aktivismus pur.

Berliner Zeitung, 4. 5. 2005. [DWDS]

„Die EZB steht unter Zugzwang“, sagt Manfred Jäger vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. „Sie ist aber nicht so aktivistisch und finanzmarktorientiert wie die US-Fed.“

Nürnberger Zeitung, 29. 1. 2008, S. 20. [IDS]

[…]Ein Mädchen, das ein Junge sein wollte und mit zwölf Jahren zur Tavistock Klinik geschickt wurde, sprach später von einem Drogenzug mit Fahrtziel Geschlechtsumwandlung. Hinzu kamen Versäumnisse bei der Nachverfolgung der Patienten […], so dass die späteren Folgen der Behandlung nicht registriert sind. Zahlreiche Mitarbeiter äußerten öffentlich ihr Sorge, dass junge Menschen sich ohne hinreichende Prüfung einem unumkehrbaren Prozess unterzogen. Wer […]intern oder von außen Zweifel an dem Vorgehen der Klinik anmeldete, wurde jedoch als transphob gebrandmarkt und der Hetze von Aktivisten ausgesetzt.

Frankfurter Allgemeine Zeitung (online), 30. 7. 2022. (faz.net)

Er begann Quellen in Ukrainisch zu lesen und neue Kontexte zu entdecken. […]Unverständliches Material erhielt plötzlich einen neuen Sinn. Als angesehener Professor wusste er genau, dass man sich mit einer derartigen Confessio in der Historikerzunft dem Vorwurf der Unprofessionalität und des oberflächlichen politischen Aktivismus aussetzt.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. 8. 2022, S. 11.