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ausgrenzen Ausgegrenzte / Ausgegrenzter · Ausgrenzung

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Das seit dem 18. Jahrhundert bezeugte Verb ausgrenzen wird, abgesehen von wenigen älteren konkreten Gebräuchen, bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts fast ausschließlich in der abstrakten Lesart etwas aus einem größeren Ganzen herausnehmen, ausklammern verwendet. Die Bedeutung jemanden aus einer Gemeinschaft ausschließen, die sich seit der Jahrhundertmitte zum Hauptgebrauch entwickelt hat, bezieht sich auf Personen oder Personengruppen und ist negativ konnotiert. Als Substantivierung steht neben Ausgrenzung, das sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem im soziologischen Kontext in der Verbindung soziale Ausgrenzung etabliert hat, die Personenbezeichnung Ausgegrenzte(r).

Wortgeschichte

Räumliche, imaginäre und soziale Grenzziehungen

Ausgrenzen ist ein transitiv gebrauchtes Partikelverb, bestehend aus der Präposition aus und dem Verb grenzen, das wiederum eine Ableitung zum Substantiv Grenze ist1).

Die ältesten, konkreten Verwendungen von ausgrenzen im Sinne von bis an die Grenze reichen, Grenzen ausdehnen und räumlich aus einem Gebiet herausnehmen sind selten bezeugt und nicht in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen. Sie können als Resultat morphologischer Polygenese2), d. h. als jeweils eigenständige Ableitungen mit den polysemen Bestandteilen aus und grenzen, beschrieben werden (1758, 1770, 1842, 1948).

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Korpusrecherche bei Partikelverben

Bei Partikelverben wie ausgrenzen, abgrenzen und eingrenzen besteht die grammatische Besonderheit darin, dass sie im Unterschied zu Präfixbildungen wie begrenzen, entgrenzen und umgrenzen trennbar sind. Das heißt: Steht das finite Verb im Hauptsatz an erster oder zweiter Position, so steht die Partikel syntaktisch getrennt von der verbalen Basis (Grenzt er ihn aus, dann …; dieses Verhalten grenzt sie aus). Zudem sind bei der Partizip Perfekt Form ausgegrenzt die Konstituenten durch -ge- und im Infinitiv (um auszugrenzen) durch -zu- getrennt (vgl. Fleischer/Barz 2012, 91). Der Wortakzent liegt bei Partikelverben auf der Partikel (ausgrenzen), während er bei Präfixbildungen auf der Basis liegt (begrenzen). Die mögliche Distanzstellung der Bestandteile erschwert die Korpusrecherche bei Partikelverben, insbesondere in nicht annotierten Korpora wie z. B. dem Deutschen Zeitungsportal oder Google Books. Einzig in den Korpora des DWDS kann mit einer speziellen Suchabfrage nach Klammerbildungen gesucht werden (z. B. 2017). Darüber hinaus besteht bei ausgrenzen eine zusätzliche Schwierigkeit in den unterschiedlichen Schreibweisen in älteren Texten (ausgrän(t)zen) (z. B. 1758, 1883); zudem müssen bei der Recherche die Flexionsformen des Verbs berücksichtigt werden. Der Belegbefund der älteren Gebräuche ist hier also mit Vorbehalt zu betrachten.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigt sich die noch bis heute bezeugte Lesart etwas aus einem größeren Ganzen herausnehmen, ausklammern, nicht berücksichtigen (1782, 1863, 1951). Ausgrenzen erscheint in Verbindungen wie eine Frage ausgrenzen (1930), einen Zeitraum ausgrenzen (1973a), ein Thema ausgrenzen (1995). In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird die auf Abstrakta bezogene Verwendung seltener. Zugleich entwickelt sich eine neue, auf Personen und Personengruppen bezogene Lesart: jemanden aus einer Gruppe, Gemeinschaft ausschließen ist seit den 1980er Jahren die vorherrschende Bedeutung (vorher selten, z. B.: 1940, 1965, 1970). Als Typ des semantischen Wandels ist wohl am ehesten eine Bedeutungsverengung in Betracht zu ziehen, wenn man davon ausgeht, dass die ältere Lesart nicht berücksichtigen, aus einem größeren Zusammenhang herausnehmen auf einen größeren Referenzbereich verweist als die neue, nur auf Personen bezogene Bedeutung.

Betroffen von einer solchen Handlung des Ausschließens sind typischerweise MinderheitenWGd (1981), Andersdenkende (2000a), Ältere (2000b), Fremde (2000c), AußenseiterWGd (2007). Häufig steht das Verb in der Präpositionalgruppe von bzw. aus der Gesellschaft ausgrenzen (1960, 2008a), zudem kommt es partizipial in der Verbindung sich ausgegrenzt fühlen vor (1996). Das fremdbestimmte Ausgeschlossenwerden von Menschen aus einer Gemeinschaft wird als negativ bewertet, insofern hat das Verb ausgrenzen in der Lesart jemanden ausschließen eine abwertende Konnotation. Im Unterschied dazu wird beispielsweise das Verb abgrenzen, das reflexiv gebraucht sich von etwas oder jmdm. distanzieren bedeutet und eine selbstbestimmte Grenzziehung beschreibt, als neutral oder positiv konnotiert wahrgenommen (2015).

Synonyme und Antonyme

Ausgrenzen wird in seiner gegenwärtigen Hauptbedeutung synonym zu ausschließen und dem bildungssprachlichen Lehnwort exkludieren verwendet, antonymisch zu einbeziehen und integrieren sowie dem bildungssprachlichen Lehnwort inkludieren (1973b, 2008b, 2013).

Das Verb eingrenzen etwas beschränken, begrenzen hat keinen mit ausgrenzen vergleichbaren semantischen Wandel vollzogen. Es ist lediglich Antonym zu ausgrenzen in der Lesart etwas ausklammern (1874, 2021).

Motivation

Die Ableitung ausgrenzen erscheint heute auf den ersten Blick nicht mehr eindeutig motiviert. Die Bedeutungsparaphrasen etwas herausnehmen, ausklammern oder jemanden ausschließen weisen keinen unmittelbaren Bezug zum Basisverb grenzen auf. Die Grundmotivation der Bildung erschließt sich vielmehr aus dem Substantiv Grenze: Ein Gebiet, in dessen Inneren eine Grenze gezogen wird, um einen Teilbereich abzutrennen, schafft ein Drinnen und Draußen bzw. ein Dazugehören und Nicht-Dazugehören. Alles, was sich hinter der Grenze, also der (imaginären) Linie, befindet, gehört nicht zum eigentlichen Ganzen.

Ausgrenzung und die Ausgegrenzten

Die ältesten greifbaren Belege für das Substantiv Ausgrenzung zeigen die konkrete Lesart räumlicher Ausschluss, Herausnahme durch Grenzziehung aus einem Gebiet (1812, 1903); dieser Gebrauch ist selten. Der Hauptgebrauch der vom Verb abgeleiteten Bildung beginnt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Substantiv Ausgrenzung beschreibt den Vorgang des Ausgrenzens oder den Zustand des Ausgegrenztseins von etwas aus einem größeren Ganzen oder von jemandem aus einer Gemeinschaft. Die Bildung hat sich im fachsprachlichen Kontext, insbesondere in der Soziologie, etabliert (z. B. 1962, 1972).3) In gesellschafts- und sozialpolitischen Zusammenhängen tritt es um 1980 in der Wortverbindung soziale Ausgrenzung auf (1980, 1994a). Dies meint, dass Personen oder Gruppen aufgrund bestimmter Faktoren und Merkmale (Alter, Geschlecht, Herkunft, Religion, sozialer Status) von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind und insofern Benachteiligung erfahren. Ein stärkerer Anstieg des Wortgebrauchs von Ausgrenzung (und auch ausgrenzen) ist in den 1990er Jahren zu beobachten (vgl. DWDS-Wortverlaufskurve). Dies kann als Ausdruck der in dieser Zeit verstärkt geführten öffentlichen Debatten über soziale Gerechtigkeit interpretiert werden (1993; vgl. Böhnke 2015).

Das Wort Ausgrenzung enthält eine negative Bedeutungskomponente; der Prozess des Ausschließens bzw. Hinausdrängens aus einer Gemeinschaft wird negativ bewertet – in der Regel jedoch nicht die davon betroffene Person. Diese wird, beginnend in den 1980er Jahren und verstärkt seit der Jahrtausendwende, mit der substantivierten Partizipform Ausgegrenzte(r) bezeichnet (1983, 1994b). Zumeist im Plural stehend hat sich das Wort als Bezeichnung für Menschen, die außerhalb der gesellschaftlichen Ordnung stehen, etabliert (wie z. B. auch AbgehängteWGd; 2009, 2014, 2020).

Anmerkungen

1) Zum historischen Bedeutungsspektrum von grenzen vgl. 1DWB 9, 148; zur Bedeutungs- und Begriffsgeschichte von Grenze vgl. Kleinschmidt 2014.

2) Vgl. Harm 2015, 128.

3) Vgl. 6Lexikon zur Soziologie, 63; vgl. auch 8Staatslexikon-online unter Inklusion, Exklusion.

Literatur

Böhnke 2015 Böhnke, Petra: Wahrnehmung sozialer Ausgrenzung. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), 27. 2. 2015. (bpb.de)

1DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Bd. 1–16. Leipzig 1854–1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. (woerterbuchnetz.de)

2DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Neubearbeitung. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vormals Deutsche Akademie der Wissenschaften) und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 1–9. Stuttgart 1983–2018. (woerterbuchnetz.de)

Fleischer/Barz 2012 Fleischer, Wolfgang/Irmhild Barz: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. 4., völlig neu bearbeitete Aufl. unter Mitarbeit von Marianne Schröder. Berlin/Boston 2012.

Harm 2015 Harm, Volker: Einführung in die Lexikologie. Darmstadt 2015.

Kleinschmidt 2014 Kleinschmidt, Christoph: Semantik der Grenze. In: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), 13. 1. 2014. (bpb.de)

6Lexikon zur Soziologie Klimke, Daniela u. a. (Hrsg.): Lexikon zur Soziologie. 6., überarbeitete und erweiterte Aufl. Wiesbaden 2020.

8Staatslexikon-online Staatslexikon online. Recht – Wirtschaft – Gesellschaft. Hrsg. von der Görres-Gesellschaft und dem Verlag Herder. 8. Aufl. 2017. (staatslexikon-online.de)

Belegauswahl

Es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich annehme, daß der Umfang aller unserer Länder, zehenmal in den Ländern unserer Feinde stehen kan, und dennoch dieselben nicht ausgränzen wird.

Ortmann, Adolph Dieterich: Patriotische Briefe zur Vermahnung und zum Troste, bey dem jetzigen Kriege. Zweyte und verbesserte Auflage. Berlin/Potsdam 1759, S. 4. (books.google.de)

Die Rechte gegen uns selbst werden bey jener Pflicht vorausgesetzt, indem sie uns erinnern soll, die Selbstliebe nicht ausgränzen zu lassen.

Schlegel, Gottlieb: Abhandlung von den ersten Grundsätzen in der Weltweisheit und den schönen Wissenschaften. Riga 1770, S. 59. (books.google.de)

Wenn man aber je in diesem Verstand eine besondere, wiewohl nach der festgesezten Natur jenes Termins ganz überflüssige Verordnung, wodurch weltliche Dinge von der Norm des Entscheidjahrs ausgegränzt würden, hätte machen wollen […], so hätte in dieser Stelle das Prädikat, daß der Termin keinen Nachtheil bringen solle, nicht auf Personen, sondern auf Sachen, nemlich auf solche weltliche Dinge bezogen werden müssen.

Brauer, Johann Niklas Friedrich: Abhandlungen zu Erläuterung des Westphälischen Friedens. Bd. 1. Offenbach 1782, S. 230. (books.google.de)

In Baden selbst befinden sich für angränzende Länder gar keine Ausgränzungen, ausser Hohentwiel für Würtemberg.

Großherzoglich Badische Staats=Zeitung, 13. 8. 1812, Nr. 224, S. 922. (deutsche-digitale-bibliothek.de)

Es würde den gegebenen Umfang eines Journalberichtes zu weit ausgrenzen, wollte ich seiner Darstellung von Scene zu Scene folgen.

Zeitung für die elegante Welt, 10. 3. 1842, Nr. 49, S. 196. (digitale-sammlungen.de)

da es einmal unmöglich ist, das ganze gebiet (die bibel) in der schule zu durchmessen, so grenze ich (der pastor) mir lieber ein ganz enges gebiet aus.

²DWB 3,1110 (schulbl. Brand. 28,518). (woerterbuchnetz.de)

[…]In Ansehung Gottes aber findet kein Aussen statt, sondern nur ein Innen, weil Gott gedacht wird als das Unbedingte, Unendliche. Sowie aber irgend etwas Endliches gedacht wird, so wird es als begränzt gedacht, und so stellt sich Dasjenige was eingegränzt ist entgegen Dem was ausgegränzt ist, als dem Aeussern.

Krause, Karl Christian Friedrich: Das System der Rechtsphilosophie. Vorlesungen für Gebildete aus allen Ständen. Leipzig 1874, S. 155. (books.google.de)

Habe ich vorgemelter Erbherr die Stele des Erbgerichtes zue Newwalldstain ihme durch meine Hoeger richtig ausweisen vnnd zue allen Seiten mit Copitzen vnnd stainen ausgräntzen lassen.

Notizen-Blatt der historisch-statistischen Section der kais. königl. mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaus, der Natur- und Landeskunde (1883), Nr. 8, S. 69. (books.google.de)

Das mit einem Drahtzaun abgegrenzte Terrain umfaßt die Forsten bei Lehnitz, Briefe, Oranienburg, erstreckt sich dann bis zur Schönwalder Heide und schließt unter Ausgrenzung der Liebenwalder Bahn nach Lehnitz an.

General-Anzeiger, 8. 10. 1903, Nr. 236, o. S. (deutsche-digitale-bibliothek.de)

Selbst wenn sich die Frage, was werden will, aus dem Aufgabenkreis der Soziologie vorläufig ausgrenzen ließe: die Frage, was ist, bleibt bestehen […], und bereits sie vermag ein ganzes Heer von Soziologen voll zu beschäftigen.

Freyer, Hans: Soziologie als Wirklichkeitswissenschaft. Leipzig u. a. 1930, S. 1. [DWDS]

[…]Den im Herzen des Menschen sich abspielenden Kampf zwischen neu aufkommenden und weichenden Göttermächten – Hand in Hand mit der Umwälzung sozialer und politischer Lebensformen -, vor allem die Auseinandersetzung zwischen der Götterwelt der chthonischen Blutsgötter und dem neuen politischen Ethos schildert uns die Antike: das ist die Tragödie, in reinster Form in der Antigone und den Eumeniden. Hier ist es Athene, welche die überwundenen Erd- und Sippengöttinnen feierlich „ausgrenzt“, sie zu bloßem Kultus neutralisiert.

Gehlen, Arnold: Der Mensch. Berlin 1940, S. 461. [DWDS]

das ist der Versuch, Teile des Landes als Nationalparks auszugrenzen, in denen eine […]von biologischen und ästhetischen Erkenntnissen inspirierte Spezialverwaltung die Planung der zukünftigen Entwicklung mit allen notwendigen Vollmachten übernimmt.

Die Zeit, 19. 8. 1948, Nr. 34. [DWDS] (zeit.de)

[…]Die Naturwissenschaften haben gewaltige Erfolge in der Entschleierung der Welt durch den Gedanken, durch Zahl und Begriff erzielt – aber immer stießen sie, auch wenn sie sich auf die Welt beschränkten, auf das andere, das nicht Gedanke war, das man gedanklich ausgrenzen, aber nie inhaltlich fassen oder gar beherrschen konnte […]: das Lebendige, Ewiggebärende, also die natura in der Welt und im Menschen.

Blättner, Fritz: Geschichte der Pädagogik. Heidelberg 1961 [1951], S. 122. [DWDS]

Der sich selbst exiliert, wird von der Gesellschaft ausgegrenzt: […]"der Künstler", schreibt Fernow, "wird bloß geduldet, er besitzt – wie die Juden – kein Bürgerrecht, die Akademien sind sein Ghetto."

Hofmann, Werner: Das irdische Paradies. München 1991 [1960], S. 206. [DWDS]

Auch das Wahlrecht, unmittelbar als ein Teilnahmerecht formuliert, ist die automatische Folge des durch Ausgrenzung gesicherten Privatverkehrs in der Öffentlichkeit.

Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Neuwied 1965 [1962], S. 244. [DWDS]

[…]Die jugendlichen Testpersonen sprachen, wie es in dem Bericht heißt, „spontan von Disharmonie, von Spannungsverhältnissen innerhalb der Gruppen, das alkoholische Getränk erschien ihnen als ein Mittel der älteren Jugendlichen, die Jüngeren zu narren und betrunken zu machen, um sie aus der Gruppe ausgrenzen zu können“.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. 9. 1965, S. 5.

Denn seit Beginn der Neuzeit […], „das heißt seit die Menschen sich anschicken, ihre gesellschaftlichen Verhältnisse rigoros zu rationalisieren, auf Zweckrationalität zu stellen, suchte man alle diejenigen auszugrenzen, die hinsichtlich der Normen der bürgerlichen Vernunft – also hinsichtlich Besitz, Anpassung und psychischer Gesundheit – unvernünftig zu sein schienen: die Armen, die Unangepaßten und die psychisch Kranken“.

Die Zeit, 8. 5. 1970, Nr. 19. [DWDS] (zeit.de)

Nicht die offensive Erschließung von Wertquellen und Verwertungsbedingungen, sondern die defensive Ausgrenzung, Vorbeugung und Vermeidung von "exterritorialen" Strukturen, die "Angst vor Exponentialkurven" (Luhmann), bezeichnet deshalb heute die vorherrschende Kategorie von "Systemproblemen" der kapitalistischen Entwicklung.

Offe, Claus: Strukturprobleme des kapitalistischen Staates. Frankfurt a. M. 1972, S. 40. [DWDS]

Das mag damit zu tun haben, daß Kunst sich nicht nach bequem fixierbaren Daten richtet und somit Vorhaben, einen bestimmten Zeitraum auszugrenzen, zwangsläufig irgendwie willkürlich erscheinen.

Die Zeit, 4. 5. 1973, Nr. 19. [DWDS] (zeit.de)

Wir haben über Jahrhunderte eine Formelsprache entwickelt, die […]offensichtlich – auch bei uns selbst – als Transportmittel für Verkündigung nicht mehr ausreicht, weil sie zwingt und nicht befreit, abschließt und nicht öffnet, ausgrenzt und nicht einbezieht […], meist in die Enge führt und oft die Unduldsamkeit im Gefolge hat.

Die Zeit, 20. 4. 1973, Nr. 17. [DWDS] (zeit.de)

[…]Die Einrichtung von Institutionen zur Diagnose und Therapie von Behinderten bringt die Notwendigkeit gesetzlicher und verwaltungsorganisatorischer Definitionen und Zuschreibungen mit sich. Dadurch wird eine Fixierung der Behinderung mit sozialer Ausgrenzung als Folge mit hervorgerufen. Die Hilfe für ein behindertes Kind bringt es so gerade mit sich, daß es als behindert definiert und damit ausgegrenzt wird.

Bericht über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe. Fünfter Jugendbericht. In: Deutscher Bundestag. 8. Wahlperiode. Drucksache Nr. 8/3685 vom 20. 2. 1980, S. 95. [DWDS] (bundestag.de)

Die Regierungspartei hat bisher versucht, den Dissens mit Mehrheitsbeschlüssen zu überbrücken und ihre Minderheit nicht ganz auszugrenzen.

Die Zeit, 23. 1. 1981, Nr. 05. [DWDS] (zeit.de)

Klar dagegen ist, wer hier plötzlich und eindrucksvoll zur Sprache kam: die Ausgegrenzten und die „freaks“‚ die Narren und Sonderlinge […], kurz alle, die von der „amerikanischen Leidenschaft, im Leben voranzukommen“ (Anderson), entweder nicht ergriffen wurden oder an ihr gescheitert sind.

Die Zeit, 29. 7. 1983, Nr. 31. [DWDS] (zeit.de)

Der Begriff „soziale Ausgrenzung“ bezeichnet also Prozesse und Situationen, die in den letzten 15 Jahren zahlreicher und vor allem sichtbarer geworden sind. Das Wiederauftreten des Phänomens der Obdachlosen, vor allem in den städtischen Ballungsräumen, die urbanen Krisensituationen, die Spannungen zwischen ethnischen Gruppen und der Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit, all dies sind Formen der sozialen Ausgrenzung, die in den Medien und in der öffentlichen Meinung am häufigsten die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.

Bundesrat. Unterrichtung durch die Bundesregierung. Drucksache 137/93 vom 12. 2. 1993, S. 8. (bundestag.de)

Tendenzielle Unbezahlbarkeit des Wohnens führe zu sozialer Ausgrenzung und stelle dort derzeit eines der größten Armutsrisiken dar.

Berliner Zeitung, 23. 9. 1994. [DWDS]

Die Wut der Ausgegrenzten richtet sich mit Vorliebe gegen die, die man für noch marginaler hält.

Die Zeit, 26. 8. 1994, Nr. 35. [DWDS] (zeit.de)

Das Thema Bosnien werde auf diesem Kirchentag ganz bewußt ausgegrenzt […], kritisierte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Ex-Flottillenadmiral Elmar Schmähling und warf den Protestanten „allgemeine Konflitkscheu (sic)“ vor.

Berliner Zeitung, 17. 6. 1995. [DWDS]

Hilfe für die im SED-Staat Unterdrückten und Hilfe für diejenigen, die sich heute wieder von Seilschaften ausgegrenzt fühlen.

Berliner Zeitung, 18. 6. 1996. [DWDS]

Doch auch die, die ihm widersprechen, sollten die Sorgen der Andersdenkenden ernst nehmen, statt sie ausgrenzen zu wollen.

Berliner Zeitung, 16. 11. 2000. [DWDS]

Mit niedrigen Beitragssätzen bei spärlichem Service würden zahlungskräftige und gesunde junge Mitglieder angelockt, während Ältere faktisch ausgegrenzt würden.

Aktuelles Lexikon 1974–2000. München 2000, S. 330. [DWDS]

Was heißt Gerechtigkeit, die „Fremde“ nicht wiederum ausgrenzt, sondern einbezieht?

Die Zeit, 25. 5. 2000, Nr. 22. [DWDS]

Wenn unsere Kultur in Krisen gerät, fällt sie immer wieder auf das gleiche Verhalten zurück: die Schuld bei Außenseitern suchen, diese ausgrenzen, sie zu Sündenböcken stempeln.

Die Zeit, 25. 10. 2007, Nr. 44. [DWDS] (zeit.de)

Besonders gravierend ist das für Menschen, die dauerhaft aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden – wie Langzeitarbeitslose.

Der Tagesspiegel, 21. 8. 2008. [DWDS]

Hinter den Kulissen haben auch Berlins Politiker Präferenzen, aber sie sind nicht so eindeutig wie im Publikum, das in Barack Obama das ganze, wahre, andere Amerika sieht, das nicht ausgrenzt, sondern anerkennt und integriert, auch über Klassen- und Rassenschranken hinweg.

Die Zeit, 21. 2. 2008, Nr. 09. [DWDS] (zeit.de)

Und wenn Sie in die Gegenwartsgesellschaft schauen, dann entdecken sie da auch die Ausgegrenzten, die Hartz IV – Empfänger, die an kultureller, die an sozialer Bedeutung gegen null tendieren, die keine gesellschaftliche Wirkung, keine soziale Wirkung mehr entfalten können, auch das ist Prekarität.

Biermann, Ursula: Prekäre Figuren – Politische Umbrüche. In: Deutschlandfunk, 3. 12. 2009. (deutschlandfunk.de)

Die Bevölkerung müsse man weiter dafür sensibilisieren, dass bei Demenz ganze Familien betroffen sind, damit diese inkludiert und nicht ausgegrenzt werden.

Rhein-Zeitung, 23. 9. 2013. [DWDS]

[…]Die Kirchen sollten sich nach Ansicht des früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse stärker in politische Entscheidungsprozesse einmischen. „Die Kirche ist Lobbyist für die Armen, die Ausgegrenzten und die Stimmlosen“, sagte der SPD-Politiker.

evangelisch.de (online), 24. 9. 2014. (evangelisch.de)

Wer weiß, was ihm wichtig im Leben ist, kann sich klar abgrenzen.

Die Zeit, 28. 9. 2015 (online). [DWDS] (zeit.de)

Indem sich die Initiative ausschließlich auf die polnischen Opfer beschränkt, die Opfer in der Sowjetunion aber ausklammert, grenzt sie eine weitere Opfergruppe aus.

Die Zeit, 28. 11. 2017, Nr. 48. [DWDS] (zeit.de)

Die Ausgegrenzten

Die Schriftstellerin Jana Hensel über marginalisierte Gruppen und Unfrieden in Deutschland.

nd – Journalismus von Links (online), 26. 11. 2020. (nd-aktuell.de)

Mit dem Bodengutachten ließ sich die Problematik eingrenzen, aber nicht völlig ausgrenzen.

Fränkischer Tag, 21. 8. 2021. [DWDS]