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Blaustrumpf

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Das Possessivkompositum Blaustrumpf ist von der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert in der Bedeutung Verleumder, Verräter, selten auch Schwätzer belegt. Es wird zunächst überwiegend auf männliche Personen bezogen. In welcher Relation die Wortbedeutung zu den Bestandteilen blau bzw. Strumpf steht, ist ungeklärt. Dies gilt auch für das im späten 18. Jahrhundert erstmals abwertend auf intellektuelle Frauen bezogene Blaustrumpf. In dieser Verwendung ist das Wort unabhängig vom älteren Sprachgebrauch als Lehnübersetzung des englischen Worts bluestocking aufzufassen. Blaustrumpf ist als diskriminierende Personenbezeichnung für Frauen vor allem im 19. Jahrhundert und auslaufend in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gebräuchlich.

Wortgeschichte

Blaustrumpf als Schimpfwort für Männer

Der Ausdruck Blaustrumpf erscheint erstmals in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in deutschsprachigen Texten. In Verbindungen wie verlogener oder höllischer Blaustrumpf (1673, 1781) sowie in Ausrufen wie Der Blau-Strumpff kömmt, mein Greul und mein Verdrießen! (1679) wird das Wort abwertend in der Lesart Verräter, Verleumder verwendet. Die als Blaustrumpf bezeichnete Person verschwärzt (1795a) ihre Mitmenschen, macht sie schlecht und bringt sie in Verruf. In der näheren Umgebung des Worts Blaustrumpf finden sich häufig weitere, synonym verwendete pejorative Personenbezeichnungen, wie zum Beispiel Angeber1) (1699), Spion (1688a), Verräter (1700), Heuchler (1719), falscher Ankläger, Verleumder (1727, 1769), Lauscher (1728), Anpetzer (1783). Zuweilen steht der Ausdruck in einer ganzen Reihe mit anderen Schimpfwörtern (1721).

Seltener wird Blaustrumpf in der Bedeutung Schwätzer, Klatschmaul verwendet. Hier steht das Wort in syntaktischer Nähe zu den veralteten Ausdrücken Ohrenbläser und Lügenmaul und bezeichnet geschwätzige Personen, die Klatsch verbreiten, Geheimnisse ausplaudern und es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen (1685, 1705). In dieser Verwendung sind offenbar (selten) auch Frauen gemeint (Plauder-Weiber 1720), während Blaustrumpf in der Lesart Verräter, Verleumder auf männliche Personen bezogen ist (1688b, 1749). Nicht zuzuordnende Belege bilden die Ausnahme (vor 1724, 1775). Das verbindende semantische Merkmal zwischen den beiden Lesarten scheint Geheimes mitteilen zu sein, wobei das Klatschmaul einen weniger schwerwiegenden Vertrauensbruch begeht, während der Verräter, Verleumder jemanden bewusst in der Absicht hintergeht, ihm zu schaden oder sein Ansehen zu beschädigen.

In Wörterbüchern ist Blaustrumpf seit 1734 gebucht, im Teutsch-Lateinischen Wörterbuch von Frisch wird der Ausdruck als Spott- und Schimpfname beschrieben (1741; vgl. ausführlich Jones 2013 2, 494). Belegnachweise finden sich noch bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, seit dem Ende des 18. Jahrhunderts jedoch selten (1817, 1822, 1841).

Wortbildung und Benennungsmotivation

Was die Herkunft von Blaustrumpf angeht, so wird gelegentlich auf die ebenfalls im 17. Jahrhundert bezeugten Entsprechungen im Englischen und Niederländischen hingewiesen. Englisch bluestocking ist als attributives Adjektiv in der Verbindung Bluestocking Parliament im Jahr 1683 belegt (vgl. 3OED unter bluestocking, adj., n., A 1). Diese Verwendung kommt im Deutschen jedoch nicht vor. Als möglicher Vorläufer wird auch auf das niederländische blauwkous – ein Kompositum aus blauw blau und kous Strumpf – verwiesen, das in der Verbindung Juffrouw Blauwkous im Jahr 1667 als namenartige Titulierung für eine weibliche Person belegt ist. Diese Verwendung ist, soweit feststellbar, innerhalb des Niederländischen singulär. Auch wenn blauwkousnl. etwas früher als der erste deutschsprachige Beleg (1673) vorkommt, ist nicht von einer Lehnübersetzung aus dem Niederländischen auszugehen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Schimpfwort Blaustrumpf bereits vor den ersten schriftlichen Belegen im mündlichen Sprachgebrauch geläufig war.

Blaustrumpf wird in der Wortbildungslehre als Possessivkompositum beschrieben. Bei diesen Bildungen liegt die Bedeutung des Worts außerhalb der Bedeutung der Wortbestandteile (wie zum Beispiel auch bei Blauhelm, Milchgesicht, Rotznase, Weißkittel) (vgl. Fleischer/Barz 2012, 178). Diese Possessivkomposita bezeichnen Personen (oder Tiere wie zum Beispiel Rotkehlchen oder Blaufuß Falkenart) nach einer charakteristischen Eigenschaft oder Besonderheit. Bei der Bildung Blaustrumpf ist das Benennungsmotiv (im Gegensatz zu den anderen genannten Possessivkomposita) nicht mehr erkennbar, d. h. die Bildung ist semantisch nicht motiviert.

Eine Ableitung des Benennungsmotivs aus einer charakteristischen blauen Strumpf- bzw. Beinbekleidung der bezeichneten Personen, also der Verräter, Verleumder oder Schwätzer, lässt sich anhand der Quellen bislang nicht bestätigen. Die in Wörterbüchern seit Frisch (1741) tradierten Hinweise auf blaue Strümpfe als eine Art Arbeitskleidung oder Uniform der Bezeichneten weckten bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts Zweifel (1813). Aufgrund der semantischen Unerklärbarkeit wurden verschiedene Deutungsversuche zu Blaustrumpf unternommen, die sich bei näherer Betrachtung eher als anekdotisch denn als quellengestützt erweisen. Auch für die Behauptung, Blaustrumpf sei ein Ausdruck der Studentensprache (z. B. 25Kluge, 131), gibt es keine stichhaltigen Belege.

Blaustrumpf als diskriminierendes Wort für Frauen

Als Bezeichnung für Frauen ist das Kompositum Blaustrumpf erstmals Ende des 18. Jahrhunderts belegt (1795b). Die neue Bedeutung ist offenbar keine semantische Weiterentwicklung des älteren Blaustrumpf Verräter, Verleumder, sondern entsteht unabhängig davon unter englischem Einfluss. Das Wort ist eine Lehnübersetzung des englischen Ausdrucks bluestocking, der zunächst adjektivisch in Verbindungen wie bluestocking club, bluestocking circle, bluestocking coterie für einen um die Jahrhundertmitte in London gegründeten literarischen Konversationszirkel verwendet wird. Die überwiegend weiblichen Mitglieder werden als bluestocking ladies und bluestocking females sowie mit den Substantiven bluestocking oder bluestockinger bezeichnet (vgl. 3OED unter bluestocking, adj., n., A 2, B 1 und unter blue-stockinger, n.). Das fremdsprachliche Wort tritt in den 1780/90er Jahren als Exotismus in deutschsprachigen Texten mit Bezug auf den Londoner Zirkel auf (1785), wobei zur Verdeutlichung zunächst auch die Übersetzung blauer Strumpf hinzugefügt und zum Beispiel von der blauen Strumpf-Societät geschrieben wird (1791, 1795c). Das Wort ist aus dem Englischen auch in andere Sprachen entlehnt worden (vgl. dänisch und norwegisch blåstrømpe, schwedisch blåstrumpa, französisch bas-bleu).

Wie bei älterem Blaustrumpf gibt es auch bei der Verwendung von bluestocking verschiedene Versuche, den Wortgebrauch über das Tragen blauer Strümpfe als charakteristisches Zugehörigkeitsmerkmal zu erklären. Wanzeck 2003, 322–341 setzt sich ausführlich mit den Herkunftsdeutungen auseinander und kommt zu dem Schluss, dass mit einiger Sicherheit auszuschließen [ist], daß die Bezeichnung blue-stocking auf von Frauen getragene blaue Strümpfe zurückzuführen ist (Wanzeck 2003, 322).

Ausgehend von der Bezeichnung für die Mitglieder des Londoner Zirkels wird bluestocking und damit auch das lehnübersetzte Blaustrumpf innerhalb kurzer Zeit auf intellektuelle und literarisch interessierte Frauen im Allgemeinen bezogen und zugleich durch negative Stereotypisierung abwertend konnotiert. Der erste greifbare Beleg für die Lehnübersetzung Blaustrumpf (1795b) enthält bereits einen Hinweis auf die pejorative Verwendung (allerdings hier noch auf das englische Vorbild bluestocking bezogen): es sei ein sehr unangenehmer Ehrentitel solcher Frauenzimmer geworden, die sich ihre Belesenheit in der Gesellschaft oder auch als Schriftstellerinnen zu sehr merken lassen (vgl. auch 1795c). Eine als Blaustrumpf bezeichnete Frau zeigt sich entgegen dem gängigen Frauenbild als übermäßig intellektuell, an Geistigem wie Kunst und Politik interessiert und möglicherweise auch literarisch ambitioniert (gegen den literarischen Blaustrumpf polemisiert zum Beispiel Karl Gutzkow 1842; auch 1846). Ein weiterer Aspekt bei der Verwendung von Blaustrumpf ist, dass die so bezeichnete Frau aus Sicht der meist männlichen Sprecher ihre häuslichen Pflichten zugunsten ihres intellektuellen Interesses vernachlässige: Sie schwingt die Feder statt der Nadel (1885a). Die Bezeichnung Blaustrumpf impliziert zudem, dass die Bezeichneten die als typisch weiblich geltenden Eigenschaften Anmut, Schönheit und Zurückhaltung einbüßen: Eine an Bildung interessierte Frau wird als unweiblich verunglimpft (1832, 1892, 1911, 1931). Auch die Tatsache, dass eine Frau hier mit einem maskulinen Wort bezeichnet wird, kann als Strategie der Entweiblichung und des Verächtlichmachens verstanden werden (im Kontext z. B. mit Mannweib 1878, 1893a und Amazone 1903).

Als diskriminierendes Wort für Frauen ist Blaustrumpf vor allem im 19. Jahrhundert gebräuchlich mit einem Bezeugungshöhepunkt um die Jahrhundertwende (s. Abb. 1), seit der Jahrhundertmitte auch häufiger im Zusammenhang mit der erstarkenden Frauenbewegung. Hier steht Blaustrumpf für Frauen, die für die Gleichberechtigung eintreten, auch im Kontext mit SuffragetteWGd und Emanzipierte (1903, 1911, 1849, 1852, 1974). Nur vereinzelt wird Blaustrumpf geschlechtsunabhängig oder auf männliche Personen übertragen (1885b, 1927, 1985). Als Ableitung zu Blaustrumpf ist seit der Mitte des 19. Jahrhunderts das Adjektiv blaustrümpfig in der Bedeutung die Eigenschaften eines Blaustrumpfs besitzend, wie ein Blaustrumpf wirkend bezeugt (1855, 1885b, 1974).

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird das Wort unüblich; es ist fast nur noch distanzierend und historisierend gebräuchlich (1965, 1993). Seit den 1970er Jahren löst die Neubildung EmanzeWGd den älteren Ausdruck Blaustrumpf als abwertende Bezeichnung für Frauen ab. Ähnlich wie bei Emanze wird das Stigmawort Blaustrumpf gelegentlich von Frauen selbst in affirmativer Aneignung als positive Selbstbezeichnung im Sinne von emanzipierte, intellektuelle Frau gebraucht (2003). Als Vorbilder können hier Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts wie Annette von Droste-Hülfshoff und Marie von Ebner-Eschenbach genannt werden, die das Wort ironisch verwendet haben, um klischeehafte Vorstellungen über schreibende Frauen poetisch ins Bewusstsein zu rücken (1844, 1840, 1893b).

Anmerkungen

1) Angeber ist hier in der Bedeutung Denunziant, Verräter und nicht in der rezenten Bedeutung Prahler zu verstehen.

Literatur

1DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Bd. 1–16. Leipzig 1854–1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. (woerterbuchnetz.de)

2DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Neubearbeitung. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vormals Deutsche Akademie der Wissenschaften) und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 1–9. Stuttgart 1983–2018. (woerterbuchnetz.de)

Elsner-2012 Elsner-Petri, Sabine: Grenzen und Möglichkeiten der Buchungstradition: Eine neue Perspektive für die historische Lexikographie? In: Sprachwissenschaft 37 (2012), S. 65–91.

Fleischer/Barz 2012 Fleischer, Wolfgang/Irmhild Barz: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. 4., völlig neu bearbeitete Aufl. unter Mitarbeit von Marianne Schröder. Berlin/Boston 2012.

Jones 2013 Jones, William Jervis: Historisches Lexikon deutscher Farbbezeichnungen. Bd. 1–5. Berlin 2013.

Kilchmann 2015 Kilchmann, Esther Blaustrumpf. In: Christine Kutschbach/Falko Schmieder (Hrsg.): Von Kopf bis Fuß. Bausteine zu einer Kulturgeschichte der Kleidung. Berlin 2015, S. 97–102.

25Kluge Kluge – Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearb. von Elmar Seebold. 25., durchgesehene und erweiterte Aufl. Berlin/Boston 2011.

3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)

Wanzeck 2003 Wanzeck, Christiane: Zur Etymologie lexikalisierter Farbwortverbindungen. Untersuchungen anhand der Farben Rot, Gelb, Grün und Blau. Amsterdam/New York 2003.

Belegauswahl

Of hy weetze/ als Juffrou blaeu-kous gedaen heyt/ met ongemeene salf te geneesen.

[…]

Die wil in Stee/ omtrent den Doelen/ niet meer als nae Juffrou Blaeu-kous vragen.

Baron, Johan Zacharias: Klucht van Kees Louwen, ofte: Den Gheschooren Boer. Leyden 1667, Bl. A 2v. (books.google.de)

Claud. Du verlogener Blaustrumpf/ was habe ich gesagt?

[Weise, Christian]: Eine andere Gattung von den vberflüssigen Gedancken in etlichen Gesprächen vorgestellet von D. C. Leipzig 1673, S. 345. (books.google.de)

Versichre dich/ du solst es wol genießen.
Der Blau-Strumpff kömmt/ mein Greul und mein Verdrießen.
Bleib treu/ Mercur!

Das ungereimte Paar Venus und Vulcanus. Singe-Spiel. […] Hall in Sachsen 1679, Bl. B iii r. (books.google.de)

und verblühmter Weise/ werden auch diejenigen Posten/ und Postträger gennnet/ welche umb sich bey grossen Herren beliebt zu machen/ das jenige/ was sie von andern sehen und hören/ ihren Principaln zutragen/ welche Art der Leuthe Aristoteles […] die glossae speculatores und auricularios, der gemeine Mannn Ohrenbläser/Blau-Strümpffe nennet.

[Ockel, Andreas/Ludwig von Hörnigk]: Gründlicher Unterricht von dem aus Landes-Fürstlicher Hoheit herspringenden Post-Regal/ derer Chur- und Fürsten des H. R. R. […] Halle 1685, Bl. Av. (books.google.de)

weßwegen man auch meinet/ daß er Spionen oder Blau-Strümpffe halte/ welche achtung geben/ ob die Obrigkeit ihr Amt besser als vorhin/ verrichte.

Burnet, Gilbert/Johann Georg Pritius [Übers.]: Des berühmten Englischen Theologi/ D. Gilberti Burnets/ Durch die Schweitz/ Italien/ auch einige Oerter Deutschlandes und Franckreichs im 1685. und 86. Jahre gethaner Reise und derselben Curieuse Beschreibung […]. Leipzig 1688, S. 435. (books.google.de)

Bauer. Ich meynte/ Herr/ die Visitatores hiessen auff deutsch Blaustrümpffe. Kauffman. Einfalt! Es ist dieses Wort von lüderlichen und bösen Buben/ so sich wider die Obrigkeit haben aufflehnen wollen/ […]als wie die Spitzbuben-Sprache unter denen noch neulichst auffgehobenen und abgestraffeten Dieben und Räubern/ auffgebracht worden.

Fabricius, Anton Christian: Verbessertes und vermehretes Kippe die Wippe/ Nach der ietzigen Mode; oder der Müntz=Betrug […] 1688, C 2v. (books.google.de)

Er […]zohe den bißherigen staat zimlich ein/ und bereicherte dadurch die kammer/ stellete viel mißbräuche ab/ rufte die wegen der verletzten Majestät verjagten zurück/ strafte die angeber und blau=strümpfe/ schafte alle neue auflagen ab.

Olearius, Gottfried: Einleitung zur Römischen und Deutschen Historie. Leipzig 1699, S. 469. (books.google.de)

Und diese Leute sind auch noch heutiges Tages allen frommen und ehrlichen Menschen ein Greuel. Dahero sie auch mit schimpfflichen Nahmen benennet werden. Man nennet sie Blau=Strümpffe/Verrähter/Circkse etc. […]Bey den Römern wurden sie genennet Sycophantae, Quadruplatores, oder solche Leute/ welche umb etlicher Feigen/ oder umb etlicher Groschen willen/ Vater und Mutter/ und das Vaterland verriethen.

Sperling, M. Paul Friedrich: Nicodemus quaerens & Jesus respondens. Das ist: Erbauliche Fragen Aus den ordentlichen Sonn- und Fest-Tags-Evangelien […] Der andere Theil/ Von Trinitatis biß zu Ende des Kirchen-Jahres. Leipzig 1700, S. 462. (slub-dresden.de)

[…]Lorenz. Ey er hat allerley tumm Ding in einander geredt, da hat er laßen Bürsten stehlen, da hat er die Frau bürsten laßen, da hat sie Hunger gelitten, SUMMIRUM SUMMARIUM was geschehn ist, das hat der BlauStrummpf alles in die Stadt getragen.

Weise, Christian: Comoedie von Der bösen Catharine. In: Ders.: Sämtliche Werke. Hrsg. von Hans-Gert Roloff. Bd. 16. Schauspiele III. Berlin/New York 2002, S. 253.

Gleichwie von denen Kleider-Trachten viel Beſchimpffungs-Reden hergenommen, als daß ein Blau-Strumpff, ein Verraͤther, ein Heuchler derjenige genennet wird, der den Mantel auff beyden Schultern traͤgt, oder ſolchen nach dem Wind zu drehen weiß.

Marperger, Paul Jacob: Beschreibung Des Hutmacher-Handwercks. […] Altenburg 1719, S. 155. (deutschestextarchiv.de)

In liebreicher Vertheidigung des Weibes […] Denen Mährenträgern und Lügen=Mäulern, Plauder=Weibern und Blau=Strümpffen muß er nicht trauen noch glauben, weil sie insgemein durch Anstifftung des arglistigen Satans Unruhe machen wollen.

[Gregorii, Johann Gottfried]: Curieuser Affecten-Spiegel Oder auserlesene Cautelen und sonderbahre Maximen, […] Und nebst nöthigen Registern zum andernmahl ausgefertiget von Melissantes. Frankfurt/Leipzig 1720, S. 661. (books.google.de)

[…]ihr Courtiſan kaum wuſte, was er zu ſeiner und ihrer Vertheidigung vorbringen ſollte, biß er ſich endlich genoͤthiget ſahe, alle ſeine Kraͤffte dran zu ſtrecken, und ſeine Gegner mit der Billingsgatiſchen Beredſamkeit abzuwuͤrtzen, indem er mit Schelmen, Huren, Hahnreyen, Blau-Struͤmpffen, Beutel-Schneidern, Huren-Jaͤgern, Schlepp-Saͤcken, Lumpen-Geſchmeiß, Putzmacherin, Boͤiſ-Weibern, Haarkaͤmmerin, Straͤuß-Maͤgdgen und was nur die Zunge von dergleichen leichtfertigen Schimpff-Schandund Schmaͤh-Reden heraus ſtoſſen kunnte, tapffer um ſich warff.

[Rost, Johann Leonhard]: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. […] [Nürnberg] 1721, S. 197. (deutschestextarchiv.de)

Dich falsches Glücke, red ich an;
[…] Da hastu deine schöne Tittel!
Du Wetter=Hahn, du blindes Weib,
Du Blau=Strumpff, du Verderbungs=Mittel,
Du Hure vor des Pöbels Leib,
[…]Du Zauber=Balg, du Thorheits=Schwester,
Du Wildfang, du Betrügerin!
Wer strafft mich, daß ich im Geläster,
An dir ein Atheiste bin.

Günther, Johann Christian: Sammlung […] Theils noch nie gedruckten, theils schon herausgegebenen, Deutschen und Lateinischen Gedichten. Frankfurt/Leipzig 1724, S. 245. (books.google.de)

Und wie er auch ferner sehr scharffe Gesetze gegen die sogenannte Blau-Strümpffe/ oder falsche Ankläger und Verläumbder/ publiciren/ […]und nebst dem ingleichen die Verfolgung gegen die unschuldige Christen aufheben liesse.

Pockh, Johann Joseph: Güldener Denck-Ring/ Göttlicher Allmacht und Menschlicher Thaten […]. Sechster Theil. Augsburg 1727, S. 686. (books.google.de)

Du magst dich umbsehen, daß nicht etwann ein Blaustrumpf, (Lauscher, Spion), da sey.

Knauth, Johann Christian: Chiragogus Grammatices Etymologicus Latino-Germanicus, Oder Etymologische Hand-Leitung zur Lateinischen Sprache. […] Dresden 1728, S. 232. (books.google.de)

Strumpf […] Blaustrumpf (ein Mensch, der alles an giebt) proditor, delator.

Steinbach, Christoph Ernst: Vollständiges Deutsches Wörter-Buch Vel Lexicon Germanico-Latinum. Tomus 2: M – Z. Breslau 1734, S. 753. (digitale-sammlungen.de)

BlauStrumpf, ein Spott- und Schimpf-Name, womit man einen Schergen, Verräther und anders andeutet. Weil einige Herren ihnen blaue Strümpfe zur Liberey gaben.

Frisch, Johann Leonhard: Teutsch-Lateinisches Wörter-Buch. Erster Theil. Berlin 1741, S. 107. (archive.org)

Und in manchen Dörffern werden dergleichen Personen Bauermeister ingleichen Rügemeister genennet, welche zu Anzeigung derer vorgehenden ungebührlichen oder schädlichen Händel, auch zu Beförderung des gemeinen Nutzens bestellet sind, jedoch deßwegen mit dem verhaßten und schimpflichen Nahmen der Blaustrümpfe, oder Verräther, keinesweges beleget werden dürffen.

[…][Anm.:] ingleichen das Wachterische Glossarium voc. Blaw pag. 175. allwo ein Blawstrumpff sycophanta, delator, qui falsa pro veris dolose denunciat, beschrieben wird. Man pfleget auch solche Leute Aufpasser oder Weißpasser zu nennen, welche alles, was sie erfahren, denen Oberen fürbringen und angeben.

Klingner, Johann Gottlob: Sammlungen zum Dorf- und Bauren-Rechte. Leipzig 1749, S. 14. (books.google.de)

Nunmehro heißt es, wäre dessen Ankläger entdecket und arretirt worden, um den Lohn zu bekommen, den alle Verläumder und Blaustrümpfe, welche ihren Nächsten aus Neid und Gallsucht anzuschwärzen, und die Hohen dadurch zu hintergehen suchen, mit Recht verdienen.

Real-Zeitung, 27. 6. 1769, Nr. 51, S. 440. (digitale-sammlungen.de)

Ich kenne die Blaustrümpfe wohl, sie können auch das Concave so heraus pinseln daß ihr meint es wäre das Convexe.

Lichtenberg, Georg Christoph: Aphorismen. Nach den Handschriften hrsg. von Albert Leitzmann. 3. Heft: 1775–1779. Berlin 1906, S. 27. (archive.org)

Sieh dich vor, Hauptmann! Es spukt! Ganze Haufen böhmischer Reuter schwadroniren im Holz herum – der höllische Blaustrumpf mus ihnen verträtscht haben.

Schiller, Friedrich: Die Räuber. In: Ders.: Sämmtliche Schriften. Historisch-kritische Ausgabe. Zweiter Theil. Hrsg. von Wilhelm Vollmer. Stuttgart 1867, S. 97. (digitale-sammlungen.de)

[…]Der bekannte Vettius, jener unser Blaustrumpf [s. Anm.], hat, wie wir entdeckt haben, dem Cäsar versprochen, er wolle dahin arbeiten, daß der junge Kurio in den Verdacht einer strafbaren Unternehmung gebracht und in einen schlimmen Handel verwickelt werden sollte.

[Anm.:] Vermuthlich war er in der ganzen Stadt unter dem Namen Vettius der Angeber, der Anpetzer bekannt. Im Deutschen wird ein solcher ein Blaustrumpf betitelt.

Briefe des Markus Tullius Cicero an den Titus Pomponius Attikus. Ins Deutsche übersetzt und mit Anmerkungen erläutert von Elias Caspar Reichard. Erster Theil. Halle 1783, S. 245. (books.google.de)

Man nennt nämlich die gelehrten Frauenzimmer zu London the blue Stockings. Ein Ausländer sagte sehr ernsthaft, er sey in der Gesellschaft du bas bleu gewesen. Dieß gab zu einem scherzhaften Gedichte Anlaß, daß man heute liest um davon reden zu können und morgen vergißt.

[…]

Sie hält mit ihren Schwestern zu Bristol eine Boarding School, doch ist sie oft zu London, wo sie viel mit den blue Stookings umgeht.

Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste 31/1 (1785), S. 148 u. S. 331. (books.google.de)

[…]Damen der großen Welt und tugendhafte Matronen nehmlich haben ihr Kräfte zu diesem Fach der allgemeinen Ergötzung und Belehrung vereinigt; unterdeß auf der andern Seite die schönen Theilnehmerinnen an der blauen Strumpf=Societät (Blue-Stocking Society) in einem unaufhörlichen Zustande litterarischer Schwangerschaft sich befinden, […]und täglich Julien, Ethelinden, Carolinen und Louisen das Licht der Welt erblicken, die von der glücklichen Fruchtbarkeit ihrer Mütter zeugen.

Neue Litteratur und Völkerkunde (1791), Nr. 4, S. 313. (books.google.de)

Die Gunst seines Herrn auch durch andre gute Eigenschaften zu erhöhen, machte er zugleich den Blaustrumpf, und verschwärzte seine Mitdomestiken, oder wem er sonst nicht günstig war, auf die unverantwortlichste Weise.

Schlez, Johann Ferdinand: Gregorius Schlaghart und Lorenz Richard, oder die Dorfschulen zu Langenhausen und Traubenheim. Ein Erbauungsbuch für Landschullehrer. Erste Hälfte. Nürnberg 1795, S. 26. (books.google.de)

Ein englisches Blatt, welches dieser Mode der Pariserinnen mit einen ächt-englischen Sneer Erwähnung thut, setzt den Wunsch hinzu, daß es wenigstens dahin kommen möge, daß die Blaustrümpfe ihre Geistesproducte künftighin alle selbst drucken müssen.

[Anm.:] Man hat diesen Spitznamen einer Gesellschaft von gelehrten Frauenzimmern in London gegeben. […] Jetzt ist es ein sehr unangenehmer Ehrentitel solcher Frauenzimmer geworden, die sich ihre Belesenheit in der Gesellschaft oder auch als Schriftstellerinnen zu sehr merken lassen. Von einem Frauenzimmer zu sagen: She is a blue-Stocking, sie ist ein Blaustrumpf! kann zu einem Duell Anlaß geben, wenn die Beleidigte einen Liebhaber hat, der jene Klinge zu brauchen versteht.

Journal des Luxus und der Moden 10 (1795), S. 362. (books.google.de)

Es braucht oft sehr wenig, um den Namen eines blauen Strumpfes (blue Stockings) zu bekommen: ein Spottname, den man einer Gesellschaft von gelehrten Frauenzimmern zu London gegeben hat. Von einem Frauenzimmer zu sagen: „she is a blue Stocking,“ heißt, die Hälfte der Mannpersonen von ihr abschrecken. Indessen bekommt ein Frauenzimmer unter vernünftigen Männern nicht darum den Namen eines gelehrten oder blue Stocking`s, weil sie mannigfaltige Kenntnisse hat; nein, es ist vielmehr die Affektation, die eckelhafte Aengstlichkeit, ihre Gelehrsamkeit zu zeigen, und hauptsächlich der hohe Werth, den einige auf die lateinische Sprache setzen, in der ein Frauenzimmer doch höchst selten zu einiger Vollkommenheit gelangt. […][...] zu London und zu Bath habe ich oft in gewissen Zirkeln einen Theil meiner weiblichen Bekannten blaue Strümpfe nennen hören, von denen ich blos aufgeklärte und wohlunterrichtete Gesellschafterinnen fand, mit dennn ich von etwas mehr reden konnte, als vom gestrigen Balle, vom letzten Schauspiele, von einem Akteur und einer Aktrice, von einigen Moden und Kupferstichen und vom neuesten Romane.

Beyträge zur Kenntniß vorzüglich des Innern von England und seiner Einwohner. Aus den Briefen eines Freundes [Carl Gottlob Küttner] gezogen von dem Hrsg. [Johann Gottfried Dyk]. Zehntes Stück. Leipzig 1795, S. 103. (books.google.de)

Anfrage. An welchen Orten müssen die Gerichtsdiener blaue Strümpfe tragen, woher der Ekelnahme Blaustrumpf für Angeber, Spion entstanden seyn soll? Ist diese Angabe historisch richtig?

Allgemeiner Anzeiger, 12. 7. 1813, Nr. 183, Sp. 1719. (digitale-sammlungen.de)

[…]Um die Spürhunde desto sicherer zu täuschen, kam er auf den Einfall mit seiner immer sehr gewandten Zunge den Gang der Uhr nachzuahmen, und wiederholte in regelmäßigen Zwischenräumen ihr tak-tak, tak-tak. Nachdem die Herren alle Zimmer im Hause vergebens durchsucht hatten, stiegen sie auch auf den Boden, stöberten da ein wenig umher, und waren eben im Begriff, wieder herunter zu gehen, als es zum Unglück Herrn Sheridan so empfindlich im Halse kützelte, daß er nothgedrungen ein paar Mal husten mußte. – " Was, Teufel! (fing einer von den Blaustrümpfen an) die Uhr hat’s ja auf der Brust!

Bonner Wochenblatt, 29. 6. 1817, Nr. 284, S. 3. (deutsche-digitale-bibliothek.de)

Dietz, sey kein Blaustrumpf, bitt’ dich, halt das Maul –
Schon einmal stand ich unterm lichten Galgen.

Immermann, Karl: Trauerspiele. Hamm/Münster 1822, S. 22. (books.google.de)

In England werden die gelehrten Weiber ſcherzweiſe Blauſtrümpfe genannt, wahrſcheinlich wegen der Vernachläßigung ihrer Toilette, die man bei ihnen vorausſetzt.

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris 1830–1831. Zweiter Theil. Hamburg 1832, S. 217. (deutschestextarchiv.de)

[…]Sonderrath (die Hände zusammenschlagend und Seybold mit komischer Verwunderung anstarrend): Seybold! Seybold! O Himmel! Seybold hat sich einen Blaustrumpf angeschnallt, eine litterarische Freudin!

[…]Seybold (verlegen): Du kennst die Frau nicht. Sonderrath. O Gott, o Gott, ich kenne Blaustrümpfe genug! ich mag diesen nicht noch dazu kennen.

Droste-Hülshoff, Annette von: Perdu! oder Dichter, Verleger und Blaustrümpfe. Lustspiel in einem Akte [1840]. In: Dies.: Sämtliche Werke. 3. Bd. München 1925, S. 257.

[…]Ich wollte sehen, mit welchem Aufwand von Scharfsinn und Erfahrung der hochberühmte Waidmann mit seinen trefflichen Hunden den Hirsch aufspürte, trotz all seiner feinen Ränke, und wenn er seine Beute verfehlte, so hätte mir’s übel angestanden, den Blaustrumpf gegen das verfolgte Thier zu spielen.

Kölnische Zeitung, 5. 12. 1841, Nr. 339, S. 1. (deutsche-digitale-bibliothek.de)

Es giebt eine ohnmächtige, nichtige literarische Production, mit der wir Frauen nur ungern beschäftigt sehen. […]Alles Unschöne wird uns auch hier am Weibe abstoßen. Wer die innern Seiten des mittlern und Schreibfingers an der rechten Hand von den Spuren der Dinte nicht mehr völlig reinigen kann, der wird bald als Vielschreiber, ohne Stoff und Gehalt, erscheinen. Was soll man von einem literarischenBlaustrumpf“ denken, der sich in alle Händel mischt, für alle Journale schreibt, […]Romane aus dem Leben, der Geschichte, der Biographie, Romane schreibt zur Erholung, zur Erziehung, zur Lectüre, Romane für Kinder, Romane für Erwachsene und Romane für Matronen, dabei Briefsteller für Liebende, Kochbücher für Gattinnen, kurz Alles bunt durch einander producirt? […]Traurig, wenn eine Frau mit dieser unschönen Thätigkeit ihre Lebensbedürfnisse, noch trauriger, wenn sie nur ihre Geldsucht befriedigt.

Gutzkow, Karl: Autorberuf der Frauen. In: Ders.: Vermittelungen. Kritiken und Charakteristiken. Leipzig 1842, S. 281. (books.google.de)

Da habe ich denn meine Feder der ersten besten Gans in den Flügel gesteckt, meine blauen Strümpfe ausgezogen und ganz ordinairweg ein Paar Pantoffeln gestickt, die auch fertig sind, und die ich schicken will […]– kleines Pferdchen, jetzt stell Deine langen Ohren auf! – die ich schicken will mit der gleichfalls fertigen Abschrift meiner sämmtlichen Gedichte, sobald ich sicher bin, daß selbiges Hotto weder ausschlägt noch durchgeht.

Briefe von Annette von Droste-Hülfshoff und Levin Schücking. Hrsg. von Theo Schücking. Leipzig 1893, S. 233. (books.google.de)

Frauen übertreiben gern und wenn’s etwas Schlimmeres gibt, als ein literarischer Blaustrumpf, so ist es sicher ein politischer.

Die Grenzboten 5/1 (1846), S. 263. (deutschestextarchiv.de)

Die süße, sanfte Unschuld hatte er satt. Er sehnte sich nach weiblichem Kaviar – – ein Blaustrumpf, eine Emanzipirte, eine Giftmischerin! – es war unserm Ritter einerlei. Nur starker Tabak, nur Furore!

Weerth, Georg: Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Hamburg 1849, S. 38. (deutschestextarchiv.de)

Und es ist noch eine recht gute Frau, bei der ich euch einführen will, keine Emanzipierte und kein Blaustrumpf. […]Sie hat Mann und Kinder von Herzen lieb und nach achtzehnjährigem Ehestand noch hie und da eine wehmütige Sehnsucht nach den idyllischen Freuden ihrer Brautzeit.

Wildermuth, Ottilie: Bilder und Geschichten aus Schwaben. In: Dies.: Ausgewählte Werke. Bd. 1. Stuttgart u. a. 1924 [zuerst 1852]. [DWDS]

Wäre nur eine, etwa die Wittwe Cypressenburg, ein blaustrümpfiges, rezensirendes, altes, sogenanntes Fräulein, allenfalls auch ohne Tochter, – dann gings noch an.

Echo der Gegenwart, 1. 11. 1855, Nr. 301, S. [3]. (deutsche-digitale-bibliothek.de)

Selten ist der hohle Blaustrumpf geistreicher persistirt worden als hier; selten hat die reine humane Weiblichkeit im Gegensatz zum literarisch dilettirenden, weiblich eiteln Mannweib eine schönere Charakterisirung erfahren, als in Heloise.

Die Grenzboten 37/1 (1878), S. 352. (deutschestextarchiv.de)

[…]Aber ſo lange der Ehrgeiz der erſten Männer der Nation nach dem ſchwellenden Kranze des Dichters rang, galt noch die natürliche Regel, daß künſtleriſches Schaffen, wie alles Schaffen, Männerarbeit iſt. Unter den herrlichen Frauen, welche verſtehend und empfangend den claſſiſchen und den älteren romantiſchen Dichtern das Leben verſchönten, waren nur wenige Schriftſtellerinnen. Nun erſt, ſeit die Dichtkunſt zum eleganten Zeitvertreibe wurde, und jeder empfängliche Dilettant ſich die literariſchen Handgriffe leicht aneignen konnte, begann die Schaar der Blauſtrümpfe, wie der neue engliſche Name lautete, bedenklich anzuwachſen. Karoline Pichler, Johanna Schopenhauer, Helmine v. Chezy, Karoline v. Fouqué ſchwangen die Feder ſtatt der Nadel, manche der modiſchen Taſchenbücher wurden nur für Frauen und großentheils von Frauen geſchrieben.

Treitschke, Heinrich von: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Dritter Theil: Bis zur Juli-Revolution. Leipzig 1885, S. 683. (deutschestextarchiv.de)

Die alte Unterrichtsverfassung […]und zugehörige Lehrart ist für diesen Zweck am wenigsten geeignet; denn sie ist es, welche mit ihrem unnützen Gelehrsamkeitsgerölle und ihrer überallhin verzweigten philologischen Pedanterie die Frauenwelt in der That in Gefahr bringen muss, blaustrümpfig auszuarten, nicht weil das hohe wissenschaftliche Studium an sich selbst das Weib aus seiner natürlichen Bahn brächte, sondern weil die männlichen Blaustrümpfe, die in der Gelehrsamkeit und auf den Universitäten hausen, es ihrerseits an der Mittheilung dieser schönen Eigenschaft an das andere Geschlecht nicht würden fehlen lassen.

Dühring, Eugen: Der Weg zur höheren Berufsbildung der Frauen und die Lehrweise der Universitäten. 2., verbesserte und mit Gesichtspunkten für Selbstausbildung und Selbststudium erweiterte Aufl. Leipzig 1885, S. 5. (deutschestextarchiv.de)

[…]Er danke Gott, daß diese docirende Langeweile das Feld geräumt habe. Er wundere sich nur, wie dieser ältliche unschöne Blaustrumpf eine Jugendfreundin Käthes sein könne. […]Eine Frau, ohne eine Spur von Kunstgefühl, eine Frau, die sich vom Hintergrund lateinischer Aufsätze abhebe mit einem solchen Teint und einem solchen Capothut.

Dohm, Hedwig: Wie Frauen werden. Novelle. In: Nord und Süd 63 (1892), Heft 187, S. 30. (books.google.de)

[…]Setzen wir ganz ruhig voraus, daß die körperlichen und geistigen Eigenschaften der Frauen sie vollständig zum wissenschaftlichen Beruf befähigen, so bleibt doch eine Frau, die aus der Sphäre ihres weiblichen Fühlens heraustritt, immer etwas anderes; sie mögen sagen, was Sie wollen. Ich erinnere nicht an die Zunft der Blaustrümpfe oder gar an die Zunft der Mannweiber; das ist eine Sache für sich, die nicht hierher gehört.

Reichstag – 50. Sitzung, 23. 2. 1893. In: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags. 8. Legislaturperiode. 2. Session. 1892/93. 2. Bd. Berlin 1893, S. 1215. [DWDS] (digitale-sammlungen.de)

Sankt Peter und der Blaustrumpf.

Ein Weiblein klopft an’s Himmelsthor,
Sankt Peter öffnet, guckt hervor:
– „Wer bist denn du?“ – „Ein Strumpf, o Herr …“
Sie stockt, und milde mahnet er:
„Mein Kind, erkläre dich genauer,
Was für ein Strumpf?“ „Vergib – ein blauer.“

Ebner-Eschenbach, Marie von: Gesammelte Schriften. Bd. 1: Aphorismen. Parabeln, Märchen und Gedichte. Berlin 1893, S. 191. (archive.org)

Der Spott über die Blaustrümpfe, die Amazonen verstummt mehr und mehr. Das Bildungsstreben ist so allgemein und so vertieft geworden, daß man von einer Frauenbewegung und nicht nur von einigen männlichen Frauen sprechen muß u. s. w.

Reichstag – 256. Sitzung, 11. 2. 1903. In: Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags. 10. Legislaturperiode. 2. Session. 1900/1903. 9. Bd. Berlin 1903, S. 7860. [DWDS] (digitale-sammlungen.de)

Ich hoffe nicht mißverstanden zu werden. Politisierende Weiber, Blaustrümpfe und Suffragetten sind ein Greuel, und zwar darum, weil sie den aristokratischen Charakter der Weiblichkeit, der sich besonders sympathisch in der Zurückhaltung, als „lieblich Schweigen", zeigt, ganz verloren haben.

Die Grenzboten 70/1 (1911), S. 10. (deutschestextarchiv.de)

Wenn einem weiblichen Blaustrumpf ein männlicher begegnet, und ich setzte ja eben auseinander, wie die Vermutung naheliege, daß es Blaustrümpfe bei beiderlei Geschlechtern gebe, so ist es in den Augen des ersteren um letztere geschehen.

Walser, Robert: Der Blaustrumpf. In: Berliner Tageblatt (Morgen-Ausgabe), 2. 3. 1927, S. 2. [DWDS]

Die Studentin von heute ist nicht mehr die männlich herbe oder altjüngferlich strenge Dame mit der Brille auf der Nase, der „Blaustrumpf“ vergangener Jahrzehnte.

Bronsart, Huberta von: Die Studentin von heute. In: Ins Leben hinaus. Stuttgart 1931, S. 113. [DWDS]

Unsere Väter hatten einen Abscheu vor der intellektuellen Frau. Sie war der Blaustrumpf: unelegant, muffig, ohne Charme, nur fachlich ansprechbar. Glücklicherweise ist diese Figur fast verschwunden.

Die Zeit, 5. 11. 1965, Nr. 45. [DWDS] (zeit.de)

In der Tat: Françoise Giroud ist keine blaustrümpfige Suffragette. Ihre 58 Jahre glaubt ihr sowieso niemand.

Die Zeit, 9. 8. 1974, Nr. 33. [DWDS] (zeit.de)

Mitnichten wird Bach also länger gefeiert nur von einer kleinen Schar musikbeflissener Blaustrümpfe (beiderlei Geschlechts).

Die Zeit, 15. 2. 1985, Nr. 08. [DWDS] (zeit.de)

Sie nimmt in Kauf, daß sie, auch in der eigenen Familie, als „Blaustrumpf“ belächelt und angefeindet wird – wie alle Frauen damals, die ihre Erfüllung nicht in früher Eheschließung und Mutterschaft sahen.

Die Zeit, 4. 6. 1993, Nr. 23. [DWDS] (zeit.de)

Sind wir emanzipierten Frauen nicht eine glanzlose Generation von Blaustrümpfen, die den ganzen Tag auf der Tastatur ihrer Computer herumklimpern anstatt ihre Hände in Mehl zu baden?

Der Tagesspiegel, 1. 6. 2003. [DWDS]