Wortgeschichte
Entstehung im 18. Jahrhundert
Erstbezeugungen von Blumenkind mit der Bedeutung Knospe, junge Blüte, junge Blütenpflanze
reichen vereinzelt bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurück: Der Epigrammatist Valentin Löber etwa übersetzt im Teutschredenden Owenus
das lateinische Flora mit Blumenkind/ Blumengöttin/ Blümchen/ Blüetchen
(1653). Im 18. Jahrhundert begegnen dann vor allem Verwendungen in poetischen Texten (1708, 1735, 1764, 1798, 1802). Auch im 19. und 20. Jahrhundert ist Blumenkind mit der Bedeutung junge Pflanze
bezeugt (1900, 1924, 1953).
Friede und freie Liebe: Blumenkind als Synonym für Hippie
Ende der 1960er Jahre erhält Blumenkind eine neue Bedeutung und wird nun synonym zu HippieWGd gebraucht. Dabei dürfte es sich um eine Lehnübersetzung des englischen flower childern handeln, die ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre bezeugt ist (vgl. 3OED unter flower, n.). Es entsteht wohl vor dem Hintergrund des Schlagwortes flower power, das die Ideale und Konventionen der Hippie-Subkultur bezeichnet und zugleich auf die Angewohnheit Bezug nimmt, sich mit Blumen als Zeichen für Frieden und freie Liebe zu schmücken. Insofern hat flower children auch eine metonymische Qualität: Das Schmuckelement der Blume ist zunächst kulturelles Statement und wird dann zu einem Zeichen, das für die ganze Person – ihren Habitus und ihre Überzeugungen – steht.
Auch in deutschsprachigen Texten begegnet zuerst das englische flower children (1967a, 1967b). Blumenkinder ist dann zunächst mit Anführungszeichen, die die semantische Neubesetzung markieren, belegt (1967c). Als Synonym für das zeitgleich entlehnte HippieWGd bürgert sich das Wort im Deutschen jedoch schnell ein (1967d, 1967e). Blumenkind führt eine Reihe an Konnotationen mit sich, die große Überschneidungen mit denen des Wortes Hippie haben, so etwa Drogenkonsum (1981), freie Liebe (1995) sowie insbesondere das Eintreten für Frieden (1969, 1995).
Blumen streuende Kinder bei Hochzeiten
Während der Brauch, Blüten zu streuen, vermutlich deutlich älter ist – die Wendung Blumen streuen begegnet im Kontext von Hochzeiten jedenfalls schon deutlich früher (1909) – wird ein festlich gekleidetes Kind, das bei einer Hochzeit auf dem Weg zum oder vom Traualtar bzw. Standesamt Blumen oder Blütenblätter streut, wohl erst seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch als solches bezeichnet (1986, 1991, 2005). Diese Bedeutung – ein Kompositum aus Blume und Kind – entsteht damit vermutlich erst, nachdem Blumenkind Mitte der 1960er Jahre die Bedeutung Hippie
ausgebildet hat. Wie genau diese neue Bedeutung entsteht und ob hierfür die Präsenz des Wortes nach 1967 eine gewisse Rolle gespielt hat, bleibt unklar.
Literatur
3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)
Weitere wortgeschichtliche Literatur zu Blumenkind.