Wortgeschichte
Herkunft und frühe Entlehnung
Im frühen 18. Jahrhundert gelangt Clan aus dem Englischen ins Deutsche. Das Wort bezeichnet zunächst schottische Lehens- und Stammesverbände (vgl. Anglizismen-Wb., 247, 2DFWB 3, 763, 5Duden Herkunft, 203). Erste Belege in deutschsprachigen Texten findet man in Reisebeschreibungen und Eigennamenlexika (1746, 1784). Clan wird hier gelegentlich mit erklärenden Synonymen versehen, etwa Zunft oder FamilieWGd (1722, 1726).
Im 19. Jahrhundert wird das Wort Clan bekannter. Es findet sich dementsprechend auch als Eintrag in Wörterbüchern und Konversationslexika, zunächst freilich noch in der Herkunftsbedeutung (vgl. den Brockhaus von 1822 sowie Herders Conversations-Lexikon von 1854). Auch das Fremdwörterbuch von Johann Christian August Heyse aus dem Jahr 1838 hat einen Eintrag (vgl. Anglizismen-Wb. 1, 247). Clan begegnet vermehrt auch in Fachtexten sowie in der Belletristik (1831). In Bildern und Vergleichen wird es dabei auch auf andere als schottische Gegebenheiten bezogen; so setzt der Althistoriker Barthold Georg Niebuhr in seiner Römischen Geschichte das römische Patronat mit dem schottischen Clan in Analogie (1811), und Heinrich Heine geht in seinen Memoiren inhaltlich bereits etwas weiter, indem er seine eigene Familie ironisch mit einem archaischen Clan vergleicht (1855).
Clan als verschworene
Gemeinschaft
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts löst sich der Wortgebrauch von der Bezugnahme auf die schottischen Clans, und das Wort wird nun auch auf andere Formen von Gemeinschaften übertragen, die sich durch eine sehr enge, familienähnliche Verbindung untereinander auszeichnen. So wird z. B. eine Gruppe von Berufsdieben als Clan bezeichnet (1869); damit wird das Wort in einen negativen Kontext gestellt. In dem Beleg (1881), in dem von einem Clan der Romantiker die Rede ist, wird das Wort eher als scherzhaft gemeinter Hinweis auf eine exklusive, eingeschworene Gemeinschaft, die sich abzuschotten weiß, zu verstehen sein. Eine ähnliche Tonlage stimmt auch Kurt Tucholsky in Die Inseln aus dem Jahr 1929 an: Clan von Bewunderern (1929).
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts scheint sich Clan als Ausdruck für verschworene
, familienartige Gemeinschaften soweit im Sprachgebrauch etabliert zu haben, dass es Gegenstand der Fremdwortkritik wird. So werden in Eduard Engels Verdeutschungswörterbuch für das Wort Clan die Alternativen Sippe, Stamm, Familie, Haus; Klüngel, Kaste
angegeben (Engel 1918, 249; vgl. auch die Wortgeschichte zu KasteWGd).
Ende des 19. Jahrhunderts findet Clan auch Eingang in die Fachsprache der Soziologie. So behandelt Ferdinand Tönnies in seinem 1887 erscheinenden Hauptwerk Gemeinschaft und Gesellschaft die natürlichen Einheiten
einer Gemeinschaft, darunter Volk – Stamm – Clan
(1887). In der modernen Soziologie dient das Wort Clan auch der terminologischen Abgrenzung von FamilieWGd:
Im Verhältnis zum Familienbegriff bezeichnet K[lan] bestimmte übergreifende Funktionen des Familiensystems, also gemeinsamen Kult, gegenseitige wirtschaftliche Unterstützung und Förderung, Solidarität in der politischen Durchsetzung. [3Lexikon zur Soziologie, 334]
Clan auf dem Weg in die Alltagssprache
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird Clan zunehmend Bestandteil der Alltagssprache. In diese Zeit fällt auch der Kinostart des französischen Films Le clan des Siciliens aus dem Jahr 1969 (vgl. IMDb), der im darauffolgenden Jahr zum ersten Mal und unter dem Titel Der Clan der Sizilianer in Deutschland läuft. Der Filmtitel mag die Verbreitung des Wortes entsprechend gefördert haben. Das Wort wird später allgemein in Titeln beliebter: Der Denver-Clan wird 1983 zum ersten Mal im deutschen Fernsehen ausgestrahlt. Das ZDF zeigt seit 2014 die Serie Deutschlands große Clans. Seit den 1990er Jahren ist das Wort auch in Buchtiteln präsent.
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Buchtitel 1994–2019 (Auswahl)
- 1994 Der Clan der Steuerhaie (Willi H. Grün)
- 1995 Haiders Clan: wie Gewalt entsteht (Hans-Henning Scharsach)
- 2001 Der Tschechow-Clan: Die Geschichte einer deutsch-russischen Künstlerfamilie (Renata Helker, Claudia Lenssen)
- 2006 Der Deutschland-Clan: das skrupellose Netzwerk aus Politikern, Top-Managern und Justiz (Jürgen Roth)
- 2013 Der Nixen-Clan (Reni Dammrich)
- 2018 Arabische Clans (Ralph Ghadban)
- 2019 Der Hitler-Clan (Robin von Weikersthal)
Clan und Großfamilie
Vor allem in jüngerer Zeit scheint Clan mit dem Wort GroßfamilieWGd zu konkurrieren (2013a). Aus der Bedeutung in enger Beziehung untereinander stehende, sich stark von außen abgrenzende familienartige Gruppe
hat sich ein pejorativer Gebrauch des Wortes entwickelt: Clan bedeutet in manchen Belegen geradezu Verbrecherbande
(1970, Kriminellen-Clan im Beleg 1968; vgl. aber bereits 1869). Seit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts nimmt die Zahl der Belege, in denen Clan negativ konnotiert ist, zu. In jüngerer Zeit wird das Wort vor allem auf arabischstämmige Familienverbände bezogen, die in Zusammenhang mit sogenannter Clan-Kriminalität stehen (2013b).
Clan in der Gaming-Szene
Etwa seit Mitte der 1990er Jahre hat sich das Wort Clan in der Gaming-Szene etabliert: 1996 hielt der Begriff durch den Computerspiel-Titel Quake als Bezeichnung für Teams Einzug in den eSport
(s.
Kresse 2010; 1997a, 2009). Zahlreiche Mannschaftsnamen wie beispielsweise Minister of Death
oder Against all Authority
weisen darauf hin, dass die abwertende Bedeutung des Wortes Clan motiviert haben könnte, Spielerteams oder auch Vereine als Clans zu bezeichnen (1997b, 2017). Inzwischen steht diese Bezeichnung für eine Mannschaft oder einen Verein wohl auf dem Prüfstand: [...] die stetig wachsende Professionalität verdrängt den etablierten Begriff. Der Grund: Man will sich Vereinsstrukturen von Sportarten wie Fußball, Basketball oder Handball nähern
(s.
Kresse 2010). Eigene E-Sport-Abteilungen traditioneller Sport- und Fußballvereine (2016a) haben allerdings bislang nicht zu einer Anerkennung als Sportart geführt (2016b).
Schreibvarianten C und K
Clan gibt es von Anfang an und heute zunehmend daneben auch in der Schreibung Klan
(2DFWB 3, 763, online). Die Schreibung Klan ist bereits im 18. Jahrhundert belegt, bleibt aber im 19. Jahrhundert noch selten (1840, 1875). Im Verlauf des 20. Jahrhunderts finden sich beide Schreibvarianten durchgängig in verschiedenen Textsorten (1910). Inzwischen empfiehlt Duden online die C-Schreibung und bietet Klan als alternative Schreibung
an (z. B. in 2013c).
Literatur
Anglizismen-Wb. Anglizismen-Wörterbuch. Der Einfluß des Englischen auf den deutschen Wortschatz nach 1945, begründet von Broder Carstensen, fortgeführt von Ulrich Busse. Bd. 1–3. Berlin/New York 1993–1996.
2DFWB Deutsches Fremdwörterbuch. Begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler. 2. Aufl., völlig neu erarbeitet im Institut für Deutsche Sprache von Gerhard Strauß u. a. Bd. 1 ff. Berlin/New York 1995 ff. (owid.de)
5Duden Herkunft Duden – das Herkunftswörterbuch. Etymologie der deutschen Sprache. 5., von Jörg Riecke neu bearbeitete Aufl. Berlin u. a. 2014.
Duden online Duden online. Hrsg. von der Dudenredaktion. Mannheim 2011 ff. (duden.de)
2DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Neubearbeitung. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vormals Deutsche Akademie der Wissenschaften) und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 1–9. Stuttgart 1983–2018. (woerterbuchnetz.de)
Engel 1918 Engel, Eduard: Entwelschung. Verdeutschungswörterbuch f. Amt, Schule, Haus, Leben. Leipzig 1918.
Kresse 2010 Kresse, Christian: Strukturen wie bei Bundesliga-Vereinen. In: Spox 24. 4. 2010. (spox.com)
3Lexikon zur Soziologie Fuchs-Heinritz, Werner (Hrsg.): Lexikon zur Soziologie. 3., völlig neu bearbeitete u. erweiterte Aufl. Opladen 1994.