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Asylant Asylist

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Die Personenbezeichnung Asylant wird im 18. Jahrhundert zum Grundwort Asyl gebildet. Der Aspekt der Schutzsuche gehört seither zu ihrem Bedeutungskern. Zunächst wird das Substantiv in Bezug auf jemanden, der bei der Kirche Schutz sucht, verwendet. Im 19. Jahrhundert ist die Verwendung rückläufig; neben der älteren Lesart begegnet nun auch die Bedeutung jemand, der Hilfseinrichtungen für sozial Benachteiligte aufsucht. In diesem Zusammenhang ist zudem die Personenbezeichnung Asylist jemand, der in einem Heim untergebracht ist nachweisbar. Asylant findet im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts in den Lesarten jemand, der einen Asylantrag gestellt hat sowie jemand, dem das Recht auf Asyl mit entsprechendem rechtlichen Status zuerkannt wurde weitere Verbreitung.

Wortgeschichte

Asylant: Wortbildung und semantischer Kern

Die Personenbezeichnung Asylant ist im Deutschen erstmals im 18. Jahrhundert belegt (1748). Es handelt sich bei Asylant um eine Bildung aus dem Substantiv AsylWGd und dem Suffix -ant. Morphologisch gliedert es sich damit in die seit dem 18. Jahrhundert neu entstehenden Derivate mit -ant ein (vgl. Fleischer/Barz 2012, 240); zugleich handelt es sich, insofern es eine Ableitung zu einer substantivischen Basis ist, um eine seltenere Form der Derivation (Fleischer/Barz 2012, 245). Die ältere Forschung hat – allerdings ausgehend von der Annahme einer Wortbildung erst im 20. Jahrhundert – in Zusammenhang mit der Wortbildung darauf hingewiesen, dass die

Endung -ant vermutlich in vielfältigen Assoziationen vom Bummelanten bis zum Querulanten auf den schlechten Charakter der so bezeichneten Person hinweisen. Denn viele ant-Substantive, die ohne Ausnahme Personenbezeichnungen sind, werden häufig abwertend, manchmal sogar als Schimpfwörter verwendet. [Strauß 1989, 86; vgl. daneben mit einer diskursanalytisch erweiterten Betrachtung auch Link 1993a]

In Hinblick auf Asylant gilt diese Beobachtung allerdings nur und auch hier nicht ausschließlich für die jüngeren Verwendungen (1994); ältere Bezeugungen von Asylant weisen diese Bedeutungsaspekte offenbar nicht auf (1748, 1840, 1890).

Verwendungen im 18. Jahrhundert

Allen sich seit der Erstbezeugung entwickelnden Lesarten gemein ist, dass der Aspekt der Schutzsuche – abgeleitet von Asyl Zufluchtsort; Schutz (für Verfolgte) – zum semantischen Kern des Wortes gehört (1782, 1894a, 1988a, 2014). Wer wovor und in welchem rechtlichen Rahmen Schutz sucht und wie das Wort konnotiert ist, unterscheidet sich über die Jahrhunderte gleichwohl grundlegend.

Erstmals findet Asylant in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine geringe Verbreitung (vgl. die entsprechende Wortverlaufskurve des Google NGram Viewers für das 18. und 19. Jahrhundert). In dieser Zeit bezeichnet das Wort jemanden, der bei der Kirche Schutz sucht (1782). Diese Lesart bezieht sich auf ein vormodernes Recht, das den Schutz von Verfolgten, auch Kriminellen, in einem unverletzbaren (sakralen) Bezirk in Klöstern, Kirchen, Schulen und ähnlichem kennt (vgl. hierzu auch die Wortgeschichte zu Asylrecht und KirchenasylWGd). Entsprechend trägt Asylant Ende des 18. Jahrhunderts eine kirchenrechtliche Bedeutungsdimension, die an der Schwelle zur Moderne zugleich ein gewisses Spannungsverhältnis zum weltlichen Staatsrecht erkennen lässt (1772, 1787, 1789): Mit der Entwicklung rechtsstaatlicher Systeme verliert das Kirchenasyl an Bedeutung und wurde im 18. und 19. Jahrhundert in den meisten europäischen Ländern aufgehoben.

Verwendungsrückgang und neue Lesart im 19. Jahrhundert

Insgesamt, auch das zeigt die Wortverlaufskurve des Google NGram Viewers für das 18. und 19. Jahrhundert an, ist die Verwendungsfrequenz von Asylant im 19. Jahrhundert rückläufig. Gleichwohl ist für das 19. Jahrhundert nicht nur die Weiterverwendung der nunmehr auf das historische Recht bezogene Lesart jemand, der bei der Kirche Schutz sucht zu vermerken (1840, 1894a), sondern auch die Entstehung einer neuen Lesart. So wird Asylant um 1900 auch auf Personen, die Hilfseinrichtungen für sozial Benachteiligte wie etwa Obdachlosenheime aufsuchen, bezogen (1885, 1890, 1894b, 1913; vgl. mit entsprechendem Hinweis auch das 2DWB 3, 363, das Asylant noch mit Erstbeleg aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts behandelt).

Daneben wird Mitte des 19. Jahrhunderts zu AsylWGd in der Lesart Heim für sozial Benachteiligte auch die Personenbezeichnung Asylist jemand, der in einem Heim untergebracht ist gebildet (1871, 1897). Sie ist hier synonym zu AsylantWGd in der Lesart jemand, der Hilfseinrichtungen für sozial Benachteiligte aufsucht. In Zusammenhang mit der Bedeutungsentwicklung des seit Ende des Jahrhunderts nachweisbaren Verbs asylierenWGd sowie der Ableitung AsylierungWGd begegnet im Übrigen die Personenbezeichnung Asylierte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Kontexten, in denen es unter anderem von der Gesellschaft aus rassistischen Gründen zwangsisolierte Personen bezeichnet (1936).

Verbreitung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Die DWDS-Wortverlaufskurve auf Basis des DWDS-Zeitungskorpus zeigt einen Bezeugungsanstieg von Asylant ab Mitte der 1970er Jahre.

Abb. 1: Wortverlaufskurve zu Asylant

DWDS (dwds.de) | Bildzitat (§ 51 UrhG)

Vereinzelt findet sich für Asylant bereits im 19. Jahrhundert ein Beleg in der Lesart jemand, der in einem anderen Staat Schutz sucht (1857) – der aber wohl den Status einer Spontanbildung hat. Weitere Verbreitung findet Asylant in dieser Bedeutung erst ab den 1970er Jahren (1977, 1985; vgl. auch Abb. 1 sowie die entsprechende Wortverlaufskurve des Google NGram Viewers). Der Relevanzgewinn des Wortes im politisch-sozialen Sprachgebrauch spiegelt sich nicht zuletzt in der Zweitplatzierung bei der Wahl des Wortes des Jahres der Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. 1980 wider (vgl. Wort des Jahres). Diese Entwicklung ist vermutlich auch vor sach- und rechtsgeschichtlichen Entwicklungen im deutschsprachigen, namentlich im bundesrepublikanischen, Raum zu verstehen.

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War Deutschland vom 19. Jahrhundert bis zum Ende des Ersten Weltkriegs eher Ausgangs- als Zufluchtsort für politisch Verfolgte und unter nationalsozialistischer Herrschaft noch viel stärker Ausgangspunkt für Fluchtbewegungen, wird 1949 mit Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 Politisch Verfolgte genießen Asylrecht ein weitreichender Schutz als Rechtsnorm in das Grundgesetz aufgenommen (vgl. Poutrus 2023). Gleichwohl zeichnet sich erst allmählich eine sich liberalisierende Asylpraxis ab (zu den Details Poutrus 2023), die in Verbindung mit einer veränderten Migrationspolitik, genauer mit der Wende von der aktiven Anwerbung zur restriktiven Zuwanderungsbeschränkung 1973, sowie mit einem Wandel der modernen Kommunikations- und Transportmittel ab den 1970er Jahren zu einem Anstieg der Asylanträge in der Bundesrepublik führte (Poutrus 2023).

Möglicherweise entstammen die jüngeren Verwendungen von Asylant der Sprache der Ausländerbürokratie (mit dieser These früh Link 1989, 57–58, Link 1993a, 114). Asylant wird seither jedenfalls zum einen synonym zu Asylbewerber bzw. Asylsuchender verwendet (1986a, 1992a). Asylant kann zum einen auf Personen bezogen werden, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde (1998a), in einer engeren Lesart zum anderen auf jene Personen, über deren Asylantrag bereits positiv entschieden und die einen entsprechenden Rechtsstatus haben (1995, 1998b). Selten begegnen auch metaphorische Verwendungen (1999).

Diskursgeschichtlich führt der Anstieg der Asylanträge in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Übrigen zu einer Abwehrhaltung und Politisierung der Asyldebatten:

Ähnliche Abwehrhaltungen traten gegenüber der Aufnahme von Asylbewerbern hervor, als deren Zahl seit Ende der 1970er Jahre stark anstieg. Die bewusste Politisierung des Asylantenproblems zeigte sich erstmals deutlich im Wahlkampf 1980. [Bade 2015]

Das hat Rückwirkungen auf die Konnotationen, die Asylant trägt: Asylant begegnet in wertneutralen Verwendungen (1988b, 2004a), daneben stehen jedoch von Beginn an häufig abwertende Verwendungen (1983, 2004b). Das zeigt sich namentlich dort, wo das Wort mit einer Strom-, Flut- und Bootsymbolik verbunden wird (1986b, 1992b, 2012, daneben auch Zusammensetzungen wie Asylantenflut oder Asylantenstrom: 1986c, 1991; vgl. hierzu auch 2DFWB unter Asyl sowie im Detail insb. die Arbeiten von Jürgen Link, etwa Link 1993b, 37). Gegenüber Asylbewerber mit seinen klar rechtlichen Bedeutungsaspekten ist Asylant im Übrigen das deutlich weniger frequente Wort (vgl. die entsprechende Wortverlaufskurve des Google NGram Viewers).

Literatur

Bade 2015 Bade, Klaus J.: Zur Karriere und Funktion abschätziger Begriffe in der deutschen Asylpolitik. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Jg. 65 H. 25 (2015), S. 3–8.

2DFWB Deutsches Fremdwörterbuch. Begonnen von Hans Schulz, fortgeführt von Otto Basler. 2. Aufl., völlig neu erarbeitet im Institut für Deutsche Sprache von Gerhard Strauß u. a. Bd. 1 ff. Berlin/New York 1995 ff. (owid.de)

2DWB Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Neubearbeitung. Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vormals Deutsche Akademie der Wissenschaften) und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 1–9. Stuttgart 1983–2018. (woerterbuchnetz.de)

Fleischer/Barz 2012 Fleischer, Wolfgang/Irmhild Barz: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. 4., völlig neu bearbeitete Aufl. unter Mitarbeit von Marianne Schröder. Berlin/Boston 2012.

Poutrus 2023 Poutrus, Patrice: Asylsuchende. In: Inken Bartels et al. (Hrsg.): Inventar der Migrationsbegriffe, 15. 3. 2023. (doi.org)

Strauß 1989 Strauß, Gerhard: Politik und Ideologie. In: Gerhard Strauß/Ulrike Haß/Gisela Harras (Hrsg.): Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist. Ein Lexikon zum öffentlichen Sprachgebrauch. Berlin/New York 1989, S. 25–394.

Wort des Jahres Gesellschaft für deutsche Sprache e. V.: Wort des Jahres. (gfds.de)

Belegauswahl

Hat darauf der Magistrat aus diesen und andern Ursachen Vorstellung bey des Herrn Bischofs zu N. und Herrn Hertzoges zu W. als beyden Creyßausschreibenden Herren Fürsten gethan, und dabey, wie er sich dabey zu verhalten habe, angefraget, da dann Se. Hochfürstl. Gnaden zu N. geantwortet, daß die Auslieferung so schlechterdings nicht geschehen könte, es wäre dann, daß man hinlängliche Versicherung gebe, daß der Asylant mit keiner capital, oder dieser gleichkommenden, sondern nur mit einer Regiments-Strafe beleget werden sollte […].

Böhmer, Justus Henning: Ivsti Henningii Boehmeri Icti Potentissimi Regis Borvssiae Consiliarii Intimi […]. Bd. 3, Halle an der Saale 1748, S. 296. (books.google.de)

Die Art sothaner peinlichen vorläufigen Untersuchung, sobal der Asylant nach denen k. k. Befehlen dem weltlichen Richter übergeben, wird, wie sonstens gewöhnlich, in allen beobachtet. […] Übrigens ist sich wohl zu hüten, daß kein Asylant in den geheiligten und Immunitätsorten von einem weltlichen Richter abgehöret, noch minder die übrige peinliche Untersuchung, auch mit Zeugenschaften vorgenommen werden, denn alles wäre eine pure Nullität, und ein ungiltiger Proceß.

De iure civili, et criminali Austriaco-bellico tractatus practicus, das ist: Praktische Abhandlung deren in österreichischen Kriegsgerichten vorfallenden bürger- und peinlichen Rechtsentscheidungen […]. Anfänglich in lateinischer, nunmehro auch in deutscher Sprach herausgegeben, und Mittels deren nachgefolgten allerhöchsten gesetzmäßigen Entschlüsselungen vermehret durch Georg Joseph Kögl von Waldinutzy. Erster Theil, Preßburg 1772, S. 148. (books.google.de)

Wollen Wir gnädigst, daß bey sich ergebenden Fällen, wo jemand in ein, wie obbenannt GOtt geweihtes Ort sich flüchtet, folgedes beobachtet wissen.

Es soll nemlich die betreffende weltliche Obrigkeit, oder der weltliche Richter alsogleich die Aushändigung des Asylanten von dem geistlichen Vorsteher der Kirche, oder des Gotteshauses, worein jener sich geflüchtet, behörig begehren, und diese Aushändigung hat der Kirchenvorsteher auch ohne weiterer Anfrage bey seiner geistlichen Instanz platterdings ins Werk zu setzen; wo im widrigen der weltlichen Richter, oder Vorsteher den Asylanten selbst aus dem Gotteshaus herauszunehmen, und nur so viel zu beobachten haben wird, daß solches nach Thunlichkeit ohne besondern Aufsehen geschehe.

Sammlungen der k. k. landesfürstlichen Verordnungen und Gesetze in materiis publico-ecclesiasticis von 1770sten und folgenden Jahren. Prag 1782, S. 59. (books.google.de)

Die Hofver. 1775. 15. Sept. hat endlich dieses Geschäfte in eine Ordnung gebracht: 1stens: daß der Asylant ohne Widerrede auszuliefern seye, ohne vorgehende Anfrage: und das weltliche Gericht alsdann zu erkennen habe, ob er Asylfähig seye: 2tens: Niemand demselben durchzuhelfen habe. 3tens: Kein geistlicher Ort dieses Recht geniesse, als wo das heil. Saktrament aufbewahret wird.

Pittroff, Franz Christian: Anleitung zur praktischen Gottesgelahrheit: nach dem Entwurfe der Wiener Studienverbesserung verfaßt […]. Dritter Theil: Die Erbauungspflicht. 4. Aufl. Bamberg/Würzburg 1787, S. 321. (books.google.de)

Da der Asylant in den Händen der weltlichen Obrigkeit ist, so hat diese ganz allein zu erkennen, ob das Verbrechen asylfähig sey, oder nicht. Ist solches asylfähig, so muß der Asylant in die nämliche Kirche zurückgestellt werden. Ist es nicht asylfähig, so geht der Lauf der Gerechtigkeit so fort, als ob er nie im Asyl gewesen wäre.

Caesar, A. Julius: Nazionalkirchenrecht Oesterreichs […]. Bd. 3. Graz 1789, S. 398. (books.google.de)

In Österreich besteht zwar ein eigenes Gesetz über das kirchliche Asylrecht vom 15. September 1775, demgemäß […] 4) der weltliche Richter erkennen solle, ob der Flüchtling ein ausgenommenes Verbrechen begangen habe oder nicht, und im ersteren Falle der Lauf der Gerechtigkeit nicht gehemmt, im letzteren der Asylant der Kirche wieder zugestellt werden müsse […].

Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft 2/3, 1840, S. 356. (mpg.de)

Viel größere Bedeutung [als das Kirchenasyl] hat in der neueren Zeit das völkerrechtliche Asyl erhalten. […] Von praktisch wichtigster Bedeutung für die Behandlung derjenigen, die in einem fremden Staate das Asyl genießen, erscheint dabei vorzüglich noch die Frage, welche Wirkungen es habe, wenn dargethan wird, daß der Asylant vor seinem Eintritte in das diesseitige Gebiet in einem andern Staate ein Verbrechen begangen habe.

Deutsches Staats-Wörterbuch. In Verbindung mit deutschen Gelehrten herausgegeben von Dr. J. C. Bluntschli […]. Bd. 1. Stuttgart/Leipzig 1857, S. 503. (books.google.de)

Bemerkenswerth ist noch die „Haus-Ordnung des Asyls für obdachlose Männer”. […] §. 8 ordnet an, daß der Asylist, nachdem er sein Schuhzeug gegen Empfangnahme von Pantoffeln und einer Marke abgegeben hat, sich Hände und Gesicht waschen muß […].

Statistisches Bureau der Stadt Berlin (Hrsg.): Berlin und seine Entwicklung. Städtisches Jahrbuch für Volkswirthschaft und Statistik. Fünfter Jahrgang, Berlin 1871, S. 207. (books.google.de)

In Anbetracht der im Ganzen (in jedem Monat besonders gerechnet) 1198 verschiedenen Personen, welche das Asyl in diesem Vierteljahr benutzten, beträgt die Zahl der einmaligen Besucher 36,06 % und die der fünfmaligen Besucher 38,9 % aller Besucher. Rechnet man die Frequenz aller Asylanten zusammen, so benutzte jeder Asylant durchschnittlich dreimal im Monat das Asyl.

Buchholtz, Arend (Hrsg.): Rigasche Stadtblätter für das Jahr 1885. 76. Jg. Riga 1885, S. 117. (books.google.de)

Den Besuchern des nächtlichen Obdaches ist Gelegenheit geboten, ihrem Körper die Wohltat eines Bades zugänglich zu machen. Die Badeeinrichtung ist derartig, das 20 Personen zu gleicher Zeit baden können […]; es sind sowol Brause- als Wannenbäder vorhanden, die viel benutzt werden; im Durchschnitt badet täglich der dritte Asylant.

Die öffentliche Gesundheits- und Krankenpflege der Stadt Berlin. Herausgegeben von den städtischen Behörden. Berlin 1890, S. 96. (books.google.de)

So ist 1591 der Asylant Jörg Hofer, welchem der Untervogt von Tübingen die Nutzung seiner Güter arrestieren lassen wollte, genötigt, den Rat von Reutlingen zu bitten, ihn in seinen beneficiis zu schützen (R. A.).

Württembergische Viertaljahreshefte für Landesgeschichte. Neue Folge. IV, 1894, S. 49. (mgh-bibliothek.de)

Bettlerasyl, nebst dem zeitweiligen Familienasyl, hatte von 1871 bis 1893 incl. in 23 Jahren aufgenommenen 1288 und 1227 Arme entlassen, und verpflegte durchschittlich 55 bis 56 Arme im Jahre. Jeder Asylant, von denen Einige bereits viele Jahre sich im Asyle befinden, kostete durchschnittlich Rbl. 67.64 Kop. oder, bei einem durchschnittlichen Aufenthalt von ca. 1 1/2 Jahren, 45 Rbl. jährlich.

N. N.: Beiträge zur Geschichte des Vereins gegen den Bettel in Riga. Riga 1894, S. 46. (books.google.de)

Die eigentliche Aufnahme in das Asyl findet an dem Aufnahmeschalter statt, das jeder Asylist passiren muss, da ein und dieselbe Person das Asyl nicht öfter als vier Mal hintereinander in einem Monat benutzen darf.

Wirth, Oskar (Hrsg.): Blätter für Gefängniskunde. Bd. 31. Heidelberg 1897, S. 147. (books.google.de)

Die Wahlprüfungskommisston hat lediglich die Frage untersucht, ob die Asylanten ein Recht aus Eintragung haben, sie hat aber vergessen oder unterlassen, zu untersuchen, ob die Antragsteller auch tatsächlich wahlberechtigt sind. […]Es ist ihnen lediglich von den Behörden prinzipiell die Wahlberechtigung aberkannt worden, aber es ist nicht festgestellt worden und konnte auch gar nicht festgestellt werden, daß sie tatsächlich wahlberechtigt sind. Meine Herren, jeder weiß, daß sehr viele Gesuche um Eintragung in die Wählerlisten bei der Auslegung der Wählerlisten eingehen, denen nicht Folge gegeben werden kann, weil die Betreffenden ihre Wahlfähigkeit nicht nachzuweisen in der Lage sind, oder weil ihnen nachgewiesen werden kann, daß sie nicht wahlfähig sind. Nun ist aber in diese Prüfung der Wahlfähigkeit gar nicht eingetreten worden – das war ein Versäumnis allerschwerster Art –; es ist lediglich festgestellt worden, daß die Zahl von 412 sich hat eintragen lassen wollen. Wir wissen aber nicht, wieviel unter diesen 412 etwa minderjährig sind; wir wissen nicht, vieviel etwa unter Kuratel stehen. (Sehr richtig! rechts.) Wir wissen nicht, wieviel etwa bestraft sind und die bügerlichen Ehrenrechte eingebüßt haben; wir wissen nicht, wie viele von diesen 412 etwa Armenunterstützungen erhalten haben. […](Sehr richtig! rechts.) Wir wissen auch nicht, ob unter diesen 412 nicht etwa Ausländer sind.

Verhandlungen des Reichstages. Berlin, 1913, S. 4465. [DWDS] (digitale-sammlungen.de)

Wer wird asyliert?

Vorauszuschicken ist, daß sich die Asyliten der Offentuberkulosenabteilung in verschiedene Gruppen gliedern:

Die zwangsweise Asylierten sind ausgesprochen asoziale Elemente, Kranke die aus verbrecherischer Veranlagung heraus rücksichtslos gegen ihre Mitmenschen sind […].

Die freiwillig Asylierten sind solche Volksgenossen, bei denen einmal gewisse Voraussetzungen, die zur Zwangsasylierung führen konnten, zutreffen, die aber trotz allem einsichtig genug sind, einen Aufenthalt in Stadtroda von sich aus zu wünschen.

Nationalsozialistische Partei-Korrespondenz, 2. März 1936, Nr. 52, Bl. 4a.

Sie fördert ferner Asylbewerber und Asylanten aus mehr als 80 Ländern und Bewerber aus Entwicklungsländern, die in ihrer Heimat benachteiligt sind („de-facto-flüchtlinge“) oder aus Ländern kommen, „dessen Gesellschaftssystem unserer freiheitlichen Grundordnung nicht entspricht.“

N. N.: Otto Benecke Stiftung. In: Aktuelles Lexikon 1974–2000. München 2000 [1977], S. 354. [DWDS]

Oft haben sie auch noch zottelige Köter dabei, mitunter erregen sie sich über Ausländer und Asylanten, die ihnen angeblich gerade das wegnehmen, was die Aussteiger gar nicht haben: Arbeitsplätze und Wohnungen.

Der Spiegel, 18. 7. 1983, S. 71. [DWDS]

Die Regelung des Problems der über den Flughafen Berlin-Schönefeld nach West-Berlin einreisenden Asylanten sei ebenfalls angesprochen worden…

N. N.: Zum Stand der Beziehungen. In: Archiv der Gegenwart, Bd. 55, 19. 3. 1985, S. 28580 ff. Zit. n. CD-ROM-Ausgabe 2001 [zuerst 1985]. [DWDS]

Derzeit kommen aber über Ostberlin mehr als 60 % der Asylbewerber in West-Berlin an. Die Verteilung der Asylanten auf die einzelnen Bundesländer dauert etwa vier bis sechs Wochen, das Anerkennungsverfahren mindestens ein Jahr und die Überprüfung durch den gerichtlichen Instanzenweg nochmals zwei bis vier Jahre.

N. N.: Asylantenfrage und 25. Jahrestag des Mauerbaus. In: Archiv der Gegenwart, Bd. 56, 13. 8. 1986, S. 30164 ff. Zit. n. CD-ROM-Ausgabe 2001 [zuerst 1986]. [DWDS]

Die Bundesregierung hat jede nur denkbare Anstrengung unternommen, um das Problem des Zustroms von angeblichen oder tatsächlichen Asylanten zu lösen.

N. N.: „Wir sollten Vorbild bleiben“. In: Der Spiegel 29. 9. 1986, S. 141–143 u. 145. [DWDS]

Asylantenflut“, „Überfremdung“, „massenhafter Mißbrauch“, „Schnorrer“, „Asyltouristen“ und viele andere Ängste und Haß schürende Begriffe wurden gebraucht.

Plenarprotokoll vom 13. 11. 1986. In: Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll Nr. 10/246, S. 19000. [DWDS] (bundestag.de)

„Asylrecht“ meint auch nicht, daß da eben Rechtsregeln aufgestellt werden, die sich mit Asylanten beschäftigen. Die Formulierung des Grundgesetzes gibt vielmehr politisch Verfolgten einen einklagbaren Anspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland auf Gewährung von Asyl: auf Schutz und Zuflucht, auf Hilfe bei Hunger, Krankheit und Mittellosigkeit.

N. N.: Asylrecht. In: Aktuelles Lexikon 1974–2000. München 2000 [1988], S. 184. [DWDS]

Dies schaffe große Probleme, weil die rechtsstaatliche Abklärung der Notlage der Asylanten im Einzelfall teilweise sehr schwierig und meist auch zeitraubend sei.

N. N.: Innenpolitische Entwicklung. In: Archiv der Gegenwart, Bd. 58, 12. 12. 1988, S. 32820 ff. Zit. n. CD-ROM-Ausgabe 2001 [zuerst 1988]. [DWDS]

Durch die immer und immer wieder wiederholten Metaphern des unverkrafteten Asylantenstroms und des vollen Bootes, die im Widerspruch zur Statistik stehen, werden rechtsradikale Gruppen in ihren Gewalttätigkeiten noch verstärkt.

Plenarprotokoll vom 10. 10. 1991. In: Deutscher Bundestag: Plenarprotokoll Nr. 12/47, S. 3937. [DWDS] (bundestag.de)

KOSTO hatte vorgeschlagen, die Asylanten, die nicht mit einer Billigung ihres Antrags rechnen können, in geschlossene Lager einzuweisen, um ihr Untertauchen vor einer Ausweisung zu verhindern. 1990 meldeten sich in den Niederlanden 21000 Asylbewerber; zugleich wanderten rund 60000 Ausländer ein, die meisten im Rahmen der Familienzusammenführung.

N. N.: Innen- und Außenpolitik. In: Archiv der Gegenwart, Bd. 62, 30. 1. 1992, S. 36422 ff. Zit. n. CD-ROM-Ausgabe 2001 [zuerst 1992]. [DWDS]

Das langanhaltende Gerede über eine Überflutung mit Asylanten ermöglichte es, das Thema Rassenhaß und Antisemitismus zu vermeiden.

N. N.: Zuspitzung der Asyldebatte; gewaltsame Übergriffe und Mordanschläge gegen Ausländer; zunehmende Militanz rechtsradikaler Gruppen; der Brandanschlag von Mölln; SPD-Sonderparteitag stimmt einer Asylrechtsänderung zu. In: Archiv der Gegenwart, Bd. 62, 23. 11. 1992, S. 37354 ff. Zit. n. CD-ROM-Ausgabe 2001 [zuerst 1992]. [DWDS]

Die Scheißer sollen bleiben wo sie sind, denn wir haben schon genug broblemme mit den Asylanten

Berliner Zeitung, 21. 2. 1994. [DWDS]

1993 wurde in Brandenburg 55 Menschen der Status des Asylanten zuerkannt, sechs weiteren gewährten die Behörden einen Abschiebeschutz, weil ihr Leben oder ihre Freiheit bei einer Rückkehr wegen ihrer Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, der Zugehörigekeit zu einer bestimmten Gruppe oder ihrer politischen Überzeugung bedroht ist.

Berliner Zeitung, 16. 1. 1995. [DWDS]

Die Regierung in Brüssel suspendierte nach dem Todesfall die Rückführung illegal im Land lebender Asylanten.

N. N.: Neuer Innenminister; Agusta-Dassault-Prozeß eröffnet. In: Archiv der Gegenwart, Bd. 68, 24. 9. 1998, S. 43073 ff. Zit. n. CD-ROM-Ausgabe 2001 [zuerst 1998]. [DWDS]

Am deutlichsten sprach sich der Chef der Comunisti Italiani, Armando Cossutta, für die Anerkennung Öcalans als Asylant aus.

Berliner Zeitung, 16. 11. 1998. [DWDS]

([…]Alle Apologeten sprachlicher Reinheitsgebote sollten freilich bedenken, dass der Kampf gegen „Fremdworte“ von Ressentiments gegen Fremde schwer zu unterscheiden ist. Fremdworte, so ein schönes Wort von Adorno, sind die Asylanten in der Sprache: Sie haben Bleiberecht.)

Naumann, Michael: „Kultur in Zeiten der Globalisierung“ (Rede). Staatsminister Dr. Michael Naumann anlässlich der Mosse Lecture an der Humboldt-Universität Berlin, 16. 12. 1999. [DWDS]

Ich war ja der klassische Asylant, wie er im Grundgesetz steht.

Berliner Zeitung, 24. 1. 2004. [DWDS]

Heute wird das Wort Asylant nur noch als Schimpfwort benutzt.

Berliner Zeitung, 26. 6. 2004. [DWDS]

Am 2. April titelte die Bildzeitung „Die Flut steigt – wann sinkt das Boot?“ und darunter „Fast jede Minute ein neuer Asylant“.

Plenum am 26.08. um 18 Uhr am Schlossplatz. In: Jetzt wird’s kritisch! (Blog), 24. 8. 2012. [DWDS] (wordpress.com)

Da mit einer kurzfristigen Umkehr dieses Trends angesichts der geopolitischen Lage leider nicht gerechnet werden kann, müssen wir alles dafür tun, die tatsächliche Aufnahmebereitschaft in Europa für die wirklich schutzbedürftigen Flüchtlinge, für die schutzbedürftigen Asylanten längerfristig zu erhalten.

Thomas de Maizière: Rede des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière, zum Haushaltsgesetz 2015, 9. 9. 2014. [DWDS] (bundesregierung.de)