Wortgeschichte
Entlehnung aus dem Französischen
Das Substantiv Revolte ist im Deutschen seit Mitte des 17. Jahrhunderts bezeugt (1652). Es wird aus dem Französischen entlehnt, wo révolte seit etwa 1500 belegt ist (vgl.
Pfeifer unter RevolteDWDS). Seither trägt es zentral die Bedeutung Aufstand, Aufruhr
(1653) – Gladov nimmt das Wort Anfang des 18. Jahrhunderts in der entsprechenden Bedeutung in sein Wörterbuch zur A la Mode-Sprach mit der Bedeutungsangabe Aufruhr, Aufstand, Meuterey, der Abfall, Rebellion
auf (A la Mode-Sprach, 595). Seit Ende des 17. Jahrhunderts ist, wenn auch seltener, RevoltierungWGd bezeugt (1685, 1840a), dessen semantisches Profil allerdings weiter gefasst ist als das von Revolte. Hierbei handelt es sich um eine Bildung zu dem seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bezeugten Verb revoltierenWGd.
Semantisches Feld
Neben AufstandWGd begegnen als bedeutungsverwandte Wörter auch Ausdrücke wie Tumult (1732), Unruhen (1941) und Meuterei (1905b). Als heute nicht mehr gängiges Synonym zu Revolte begegnet zudem EmeuteWGd, das seinerseits Anfang des 19. Jahrhunderts aus dem Französischen entlehnt wird, in den Quellen (1869). Insgesamt ist Emeute etwas weniger weit verbreitet als das ältere Revolte. Vor 1800 begegnet Revolte zudem gelegentlich synonym zum zu dieser Zeit semantisch noch weiter gefassten RevolutionWGd (vgl.
1DFWB
3, 410–411). In seiner genuin neuzeitlichen Bedeutung plötzlicher und tiefgreifender und oftmals gewalttätiger Vorgang der politischen Staatsumwälzung, der in der Regel vom Volk ausgeht
ist Revolution im Übrigen insofern von Wörtern wie Revolte, Emeute, Aufruhr oder Aufstand zu unterscheiden, als dass Revolution nach 1800 zentral den Bedeutungsaspekt der grundlegenden und dauerhaften Staats- und Gesellschaftsumwälzung
trägt.
Mit RevolteurWGd (1806, 1839) und Revoltierer (1792) sind seit der Wende zum 19. Jahrhundert zwei zugehörige Nomina Agentis belegt, seit Ende des 19. Jahrhunderts auch Revoltierender (1885).
Die Trägerschaft der Revolte und die semantische Abgrenzung von Revolution nach 1800
Die Trägerschaft der mit Revolte bezeichneten Ereignisse kann recht unterschiedlich sein und reicht vom gemeinen Mann
(1653) über städtische Zünfte (1686) und das arme Volk
(1696) bis hin zu Truppen (1840b), Gefangenen (1848b), Fabrikanten (1867) und indigener Bevölkerung (1896). Revolte bezeichnet damit insbesondere Formen des Aufstandes, die von einer gesellschaftlichen Teilgruppe – etwa einer regional begrenzten oder zahlenmäßig kleinen Gruppe – getragen werden (vgl. auch 1DFWB
3, 410–411). Entsprechend sind Komposita, die die Trägerschaft der jeweiligen Revolte näher spezifizieren, zahlreich belegt, so etwa Weiberrevolte (1848a), Militärrevolte (1868) oder Bauernrevolte (1901).
Über den zentralen Bedeutungsaspekt der Trägerschaft lässt sich Revolte insofern von Revolution in seiner um 1800 entstehenden, heute dominanten Bedeutung plötzlicher und tiefgreifender und oftmals gewalttätiger Vorgang der politischen Staatsumwälzung, der in der Regel vom Volk ausgeht
abgrenzen: Nach 1800 gehört zentral zur Bedeutung von Revolution, dass das Volk Träger der Ereignisse ist. Zudem hat Revolte in der Konsequenz nicht denselben staatsumwälzenden Charakter wie eine Revolution. Damit treten Revolte und Revolution nunmehr semantisch stärker auseinander (1833, 1911).
Weitere Verwendungsgeschichte
In seiner Kernbedeutung Aufstand, Aufruhr
ist Revolte seit seiner Entlehnung relativ stabil. Mit dieser begegnet das Wort im Verlauf der Zeit in unterschiedlichen, von den jeweiligen kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Ereignissen beeinflussten Kontexten – so gelegentlich beispielsweise um 1989/90 in Bezug auf die damaligen Ereignisse der DDR (1990b, 1991), ohne dabei gleichwohl den Status von Wörtern wie WendeWGd oder Friedliche RevolutionWGd zu erreichen.
Hervorzuheben sind demgegenüber Bezeichnungen der 68er-WGd (1980b, 1997) und Studentenbewegung (1971, 1983, 1994) als Revolte, die sich wohl eingebürgert haben. Das Kompositum Studentenrevolte ist zwar bereits früher belegt (1946), bezieht sich ab Ende der 1960er Jahre aber vornehmlich auf diese soziale Bewegung (1969, 1970).
Nicht zuletzt finden sich selten auch Belege, in denen das Wort übertragen verwendet wird. Besonders treten dabei zwei Bereiche hervor: Zum einen wird das Wort auf menschliche Organe und Gefühle übertragen (1902, 1905a, 1990a; vgl. auch 1DFWB 3, 410–411). Zum anderen begegnet es insbesondere in Bezug auf künstlerische Bereiche häufiger auch metaphorisch (1980a, 1987, 2000).
Literatur
A la Mode-Sprach Gladov, Friedrich: A la Mode-Sprach der Teutschen Oder Compendieuses Hand-Lexicon. Jn welchem die meisten aus fremden Sprachen entlehnte Wörter und gewöhnliche Redens-Arten, So in denen Zeitungen, Briefen und täglichen Conversationen vorkommen, Klar und deutlich erkläret werden. Nürnberg 1727. (deutschestextarchiv.de)
1DFWB Schulz, Hans/Otto Basler: Deutsches Fremdwörterbuch. Weitergeführt im Institut für deutsche Sprache unter der Leitung von Alan Kirkness. Bd. 1–7. Straßburg bzw. Berlin 1913–1988. (owid.de)
Pfeifer Pfeifer, Wolfgang u. a.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. (dwds.de)
Weitere wortgeschichtliche Literatur zu Revolte.