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Postmodernismus · postmodernistisch

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

Postmodernismus, seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum belegt, bezeichnet seither für die Postmoderne und ihre Theoriebildung, Literatur, Architektur und Künste typische Denk- und Stilrichtungen. Die wortgeschichtliche Entwicklung ist dabei sicherlich von den entsprechenden internationalen Debatten um einen Postmodernismus im ausgehenden 20. Jahrhundert mitbeeinflusst. In etwa zeitgleich ist das Adjektiv postmodernistisch in der Bedeutung auf den Postmodernismus bezogen belegt.

Wortgeschichte

Postmodernismus: Ein Wort des ausgehenden 20. Jahrhunderts

Das Substantiv Postmodernismus ist im Deutschen seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts belegt (1980c, 1993). Zwar ist postmodernism im Englischen bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts bezeugt, erhält aber auch dort seine spezifische semantische Kontur erst gegen Ende des Jahrhunderts (vgl. den entsprechenden Hinweis im 3OED unter postmodernism, n.). Im Englischen bezeichnet das Wort seither insbesondere in den Bereichen Architektur, Künste, Literatur, Politik etc. verschiedene Stile, Konzepte oder Standpunkte, die eine bewusste Abkehr von der Moderne beinhalten, insbesondere wenn sie durch eine Ablehnung von Ideologie und Theorie zugunsten einer Vielzahl von Werten und Techniken gekennzeichnet sind; daneben steht zudem ein erweiterter Gebrauch in allgemeinen Kontexten, hier häufig ironisch (vgl. 3OED unter postmodernism, n.).

Im Deutschen ist Postmodernismus in etwa zeitgleich mit entsprechender Bedeutung für die Postmoderne typische Stilrichtungen belegt (1982, 1985, 1998a). Die wortgeschichtliche Entwicklung von Postmodernismus im deutschsprachigen Raum ab dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts wird ihrerseits sicherlich maßgeblich mitbeeinflusst von den internationalen Diskussionen der Zeit (1980a).

Postmodernismus und Postmoderne: Synonyme?

Eine semantische Abgrenzung vom Substantiv PostmoderneWGd, das sich ab den 1970er Jahren im deutschsprachigen Raum verbreitet, ist nicht immer ganz trennscharf zu ziehen. In den (Geistes-)Wissenschaften bemüht man sich grundsätzlich um eine genaue Unterscheidung der Wörter Postmoderne und Postmodernismus:

‚Postmoderne‘ (P.) ist die Bezeichnung für die kulturgeschichtliche Periode nach der Moderne bzw. für ästhetisch-philosophische Ansätze und kulturelle Konfigurationen dieser Zeit. […] Hingegen bezeichnet der Begriff ‚Postmodernismus‘ die für diese Epoche typischen literar. Stilrichtungen und kulturellen Phänomene. [2004]

Mindestens für den allgemeinsprachlichen Gebrauch muss allerdings konstatiert werden, dass Postmoderne nicht nur ein Zeitalter nach der (westlichen) Moderne bezeichnet (1980b), sondern auch als Epochen- und Stilbezeichnung für Architektur, Literatur und Künste dieses Zeitalters begegnet (1981, 1984). Umgekehrt wird selten auch Postmodernismus in einem breiteren und unspezifischeren Sinn verwendet (1999a).

Postmodernismus ist insgesamt deutlich weniger verbreitet als Postmoderne (vgl. die entsprechende bedeutungsübergreifende Wortverlaufskurve des Google NGram Viewers).

Die Adjektivableitung postmodernistisch

Neben dem Substantiv Postmodernismus ist ab dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts zudem die Adjektivableitung postmodernistisch in der Bedeutung auf den Postmodernismus bezogen belegt (1982). Im Vergleich zu postmodernWGd, mit dem das Wort mit Blick auf die Bedeutungen auf die Postmoderne als Geisteshaltung und Theorierichtung bezogen sowie auf die Postmoderne als Epochen- und Stilbezeichnung in Architektur, Literatur und Kunst bezogen semantische Überschneidungen hat, begegnet postmodernistisch in Quellen deutlich weniger häufig (vgl. die entsprechende Wortverlaufskurve des Google NGram Viewers). Während postmodernWGd, das auch auf die Postmoderne als Zeitalter nach der (westlichen) Moderne bezogen bedeuten kann, nun eine auch gesellschaftliche Bedeutungsdimension hat, bleibt postmodernistisch eher auf kulturelle Phänomene, Denk- und Stilrichtungen der Postmoderne bezogen (1998b, 2001, 2002, 2003, 2006). Postmodernistisch wird auch abwertend verwendet (1996, 1999b). Die wenig bis nicht ausgeprägte gesellschaftliche Bedeutungsdimension von postmodernistisch äußert sich nicht zuletzt drin, dass eine Kollokation *postmodernistische Gesellschaft im Gegensatz zu postmoderne Gesellschaft (2015) so gut wie nicht belegt ist.

Literatur

3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)

Belegauswahl

Der Amerikaner Charles Jencks nannte die ganze, aus vielen Nebenflüssen gespeiste pluralistische Strömung „Postmodernismus“.

Die Zeit, 1. 8. 1980, Nr. 32. [DWDS] (zeit.de)

Signalisiert es den Abschied von der Moderne? Bedeutet die Postavantgarde bereits den Übergang zur Postmoderne?

Die Zeit, 19. 9. 1980, Nr. 39. [DWDS] (zeit.de)

Doch ist, bei aller Skepsis gegenüber der Proklamation einer Neuen Renaissance oder eines Postmodernismus, das Nachdenken über und Mitarbeiten an zukünftigen Lebensmöglichkeiten, die Neubestimmung des Selbstinteresses gewiß unausweichlich.

Die Zeit, 5. 12. 1980, Nr. 50. [DWDS] (zeit.de)

Mit dem Begriff Postmoderne allerdings ist in das zeitgenössische Kunstgeschehen zum erstenmal nicht ein neuer Stil- oder Medien-, sondern ein Epochenbegriff eingeführt, beziehungsweise eine ganze Epoche als beendet bezeichnet worden.

Die Zeit, 3. 7. 1981, Nr. 28. [DWDS] (zeit.de)

In Ländern, in denen die Intellektuellen mehr als in Deutschland darauf achten, daß ein Buch ja dem aktuellsten Ismus entspricht, ist er längst als „postmodernistisches“ Meisterwerk erkannt und entschuldigt. Dabei soll der Postmodernismus die ironische Reflexion über die Pluralität der Erzählmodelle (Eco) sein.

Die Zeit, 8. 10. 1982, Nr. 41. [DWDS] (zeit.de)

Man schwankt, weniger berauscht als in Katerstimmung zwischen den „Stilen“ hin und her und versucht, bei einer „Postmoderne“ genannten Mischung Halt zu finden.

Die Zeit, 11. 5. 1984, Nr. 20. [DWDS] (zeit.de)

Dabei wird der Postmodernismus zwar als eklektizistische Stilsuche und Generalangriff auf die Moderne (sprich F.) theoretisch abgelehnt.

Zimmermann, Hartmut (Hrsg.): DDR-Handbuch – F. In: Enzyklopädie der DDR. Berlin 2000 [1985], S. 2146. [DWDS]

Nicht nur weise die vor allem in den Kreisen des Postmodernismus verbreitete These vom Ende der Ideologie ihrerseits alle Züge des Ideologischen auf, gibt Eagleton zu bedenken, sie sei auch die Wiedergängerin einer in der Nachkriegszeit weitverbreiteten, politisch reaktionären Auffassung.

Die Zeit, 24. 9. 1993, Nr. 39. [DWDS] (zeit.de)

Mit solcher Macht tritt das Bild neben das Wort und die Zahl, daß die postmodernistische Phrase, alles sei Text, schon wieder wie von gestern wirkt.

Die Zeit, 6. 12. 1996, Nr. 50. [DWDS] (zeit.de)

Der künstlerische Postmodernismus der ersten Underground-Generation wurde von der konservativen Retro-Kultur absorbiert, genauso wie die politische Opposition vom Regime neutralisiert und zu seiner Stabilisierung benutzt wurde.

Berliner Zeitung, 10. 1. 1998. [DWDS]

Ex negativo hat er bekräftigt, daß in der zur Shoah, allen postmodernistischen Theorien zum Trotz, der Autor als Verantwortlicher seines Werkes zählt.

Der Tagesspiegel, 9. 10. 1998. [DWDS]

Damit wird ein neues Zeitalter eingeläutet, für das es den Begriff Postmodernismus gibt.

Berliner Zeitung, 11. 3. 1999. [DWDS]

Eine Kunst ohne nationale Substanz betrachten sie als „postmodernistischen Müll“ (ihre Bücher haben Titel wie Die Augen der Heimat, Geknechtetes Land, Der Herd und Ähnliches).

Die Zeit, 9. 9. 1999, Nr. 37. [DWDS] (zeit.de)

Czech setzt sich mit der Wiener Architektur der Jahrhundertwende und des frühen 20. Jahrhunderts auseinander, seine Bauten werden als „zurückhaltend postmodernistisch“ beschrieben.

Berliner Zeitung, 19. 3. 2001. [DWDS]

So aber bleibt „Der Morphinist“ irgendwo zwischen einem postmodernistischen historischen Roman und dem Selbsterfahrungsbericht einer überforderten Mutter und Schriftstellerin stehen.

Berliner Zeitung, 6. 4. 2002. [DWDS]

Als Hilary Putnam – wahrlich kein Philosoph vom Schlage der postmodernistischen Wachowski-Gewährsmänner à la Jean Baudrillard – vor 20 Jahren die Hypothese zur Diskussion stellte, wir seien womöglich nur Gehirne, die in einer Nährlösung in einem Tank gehalten werden und denen die von ihnen wahrgenommene Welt bloß vorgegaukelt werde, hätte er sich wohl in keinem pyrrhonistischem Räsonnement auszumalen gewagt, welche realweltlichen Konsequenzen diese Idee haben könnte.

Die Zeit, 28. 5. 2003, Nr. 23. [DWDS] (zeit.de)

‚Postmoderne‘ (P.) ist die Bezeichnung für die kulturgeschichtliche Periode nach der Moderne bzw. für ästhetisch-philosophische Ansätze und kulturelle Konfigurationen dieser Zeit. […] Hingegen bezeichnet der Begriff ‚Postmodernismus‘ die für diese Epoche typischen literar. Stilrichtungen und kulturellen Phänomene.

Art. „Postmoderne/Postmodernismus“. In: Nünning, Ansgar (Hrsg.): Metzler-Lexikon Literatur- und Kulturtheorie: Ansätze – Personen – Grundbegriffe. 3., aktualisierte und erw. Aufl. Stuttgart 2004, S. 543–544, hier S. 543.

Der Unvollständigkeitssatz gehört heute zum Fundus des postmodernistischen Diskurses.

Die Zeit, 27. 4. 2006, Nr. 18. [DWDS] (zeit.de)

Von Zivilisationsmüdigkeit, von Ablehnung der Aufklärung, Moderne, Konsum und globalisierter Wirtschaft, von der Überforderung, die die postmoderne Gesellschaft für jeden einzelnen Menschen darstellt, war die Rede.

Die Zeit, 29. 1. 2015, Nr. 05. [DWDS] (zeit.de)