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Szeneviertel

Politik & Gesellschaft

Kurz gefasst

In den 1980er Jahren entsteht mit Szeneviertel eine neue Bezeichnung für Stadtviertel. Das Wort impliziert im Hinblick auf die Bevölkerungsstruktur, dass sich hier besonders junge und trendorientierte Menschen und Kreative ansiedeln. Kennzeichen von Szenevierteln ist ihr pulsierendes Leben. Das Wort tritt dementsprechend häufig mit attributiven Adjektiven wie jung, angesagt, cool, trendig oder hip auf.

Wortgeschichte

Eine neue Stadtteilbezeichnung

Seit den 1980er Jahren begegnet mit Szeneviertel eine neue Bezeichnung für Stadtviertel (1986). Das Bestimmungswort SzeneWGd zum Grundwort (Stadt-)Viertel kann etymologisch bis ins Griechische zurückverfolgt werden und bildet im Deutschen seit dem 16. Jahrhundert zahlreiche Bedeutungen aus. In Szeneviertel bringt es mit gesellschaftliche Gruppe, Milieu, soziales Umfeld seine gesellschaftliche Bedeutungsdimension ein, die erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entsteht, zunächst in Wortverbindungen mit Adjektivattributen (1949, 1957, 1967, 1975). Alleine stehend erhält Szene die Bedeutung ein bestimmtes soziales Milieu, eine bestimmte gesellschaftliche Gruppierung in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre (1978, 1982b).

Cool – hip – trendig

Das Bestimmungswort Szene kann nun das gesamte Spektrum sozialer Milieus adressieren, vom rechten bis zum linken, vom politischen über das intellektuelle bis zum kriminellen, vom industriellen bis zum alternativen Milieu (1949, 1967, 1976, 1957, 1982a). Szeneviertel hingegen bezieht sich in der Regel auf ein ganz bestimmtes Milieu: Das Wort tritt vermehrt mit attributiven Adjektiven wie jung (2014b), angesagt (2014c), cool (2014a), trendigWGd oder hip (2016) auf. Damit impliziert Szeneviertel im Hinblick auf die Bevölkerungsstruktur, dass sich hier besonders junge und trendorientierte Menschen und Kreative ansiedeln (2017). Kennzeichen von Szenevierteln ist ihr pulsierendes Leben (2000a, 2001, 2002). In diesem Zusammenhang hat sich jüngst auch das Wort Hipsterviertel herausgebildet, das semantische Überschneidungen mit Szeneviertel hat (2000b, 2013).

Szeneviertel und Gentrifizierung

Es fällt schließlich auf, dass Szeneviertel häufig für solche Stadtteile verwendet wird, die auch oder vormals als Arbeiter- und/oder als ProblemviertelWGd bezeichnet worden sind (1990, 1998, 2009). Szeneviertel steht damit wohl insbesondere auch für solche Stadtviertel, die eine bestimmte Entwicklung durchlaufen haben bzw. gerade durchlaufen, genauer einer Entwicklung von ehemals schlechten Wohngegenden zu kulturell pulsierenden Stadtvierteln. Szeneviertel sind damit zu attraktiven Wohngegenden geworden – was wiederum zum Zuzug von Gutsituierten führen kann. Dieser sachhistorische Prozess wird mit dem Schlagwort GentrifizierungWGd bezeichnet. Es ist wohl kein Zufall, dass Luxussanierung (1981) und Gentrifizierung (1999) als Wörter im Deutschen ähnlich alt sind wie Szeneviertel.

Literatur

3OED Oxford English Dictionary. The Definite Record of the English Language. Kontinuierlich erweiterte digitale Ausgabe auf der Grundlage von: The Oxford English Dictionary. Second Edition, prepared by J. A. Simpson and E. S. C. Weiner, Oxford 1989, Bd. 1–20. (oed.com)

Weitere wortgeschichtliche Literatur zu Szeneviertel.

Belegauswahl

Als einer der drei Generalsekretäre des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Rumäniens ist die 55jährige Rabbinertochter aus dem Armenviertel Bukarests heute eine der wichtigsten Hintergrundfiguren der politischen Szene im Balkanraum.

N. N.: Rote Königin Ana. In: Der Spiegel, 30. 4. 1949, S. 12. [IDS]

Ihre Auseinandersetzungen haben zwar in entwickelten Industriegesellschaften weithin geregelte Formen angenommen und damit an Schärfe verloren, doch beherrschen sie die industrielle Szene noch heute, prägen wichtige Züge ihres Bildes und treiben ihren Strukturwandel voran.

Dahrendorf, Ralf: Soziale Klassen und Klassenkonflikt in der industriellen Gesellschaft. Stuttgart 1957, S. 234.

Schulfernsehen im weitesten und breitesten Sinne, vom Kindergarten bis zum Hochschullabor, würde mit diesen Verbreitungs-, Aufbewahrungs- und Wiederholungsmethoden zur unbestreitbaren Bereicherung der gesamten pädagogischen und intellektuellen Szene.

N. N.: Tele-Visionen der Television. In: Die Zeit Nr. 52, 29. 12. 1967. [DWDS]

Oder uns fehlte eine Szene für den jungen „politischen“ Kommissar, der auf die linke Szene spezialisiert ist.

N. N.: Sieben Fragen an Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta. In: Die Zeit, Nr. 42, 10. 10. 1975. [DWDS]

So kommt es, daß es unter den Valoron-Fällen besonders viele „Edelabhängige“ gibt, welche die kriminelle Szene scheuen und, im Gegensatz zu den harten Fixern. bürgerliche Brücken hinter sich nicht abbrechen wollen.

N. N.: Eindeutig Sucht. In: Der Spiegel, 30. 8. 1976, S. 147. [IDS]

Ein organisiertes Zusammenwirken oder gar die gemeinsame Planung und Ausführung terroristischer Anschläge ist daraus jedoch nach Ansicht von Kennern der Szene ebensowenig entstanden wie aus den Kontakten der RAF mit der baskischen Untergrundorganisation ETA oder der nordirischen IRA.

Hans Schueler: Zaghafte Zusammenarbeit. In: Die Zeit, 17. 3. 1978.

An beiden Methoden, an der gedankenlosen Kahlschlagsanierung, die ganze Quartierezu Schutt machte, und an der spekulativ überzogenen Luxussanierung, entzündete sich der Unmut der Berliner Wohnungssuchenden.

N. N.: Berliner Luft: Kahlschlag und Luxussanierung. In: Die Zeit, 27. 3. 1981, Nr. 14. [DWDS] (zeit.de)

Nur: Was – außer dem Verzicht auf Maskierung der Ver- und Zerstörungen durch reibungsloses Funktionieren – unterscheidet eigentlich die Jugendkultur, die alternative Szene und ihre Bewegungsausläufer von der Mehrheit der angepaßten Bevölkerung?

N. N.: Die deutsche Depression. In: Der Spiegel, 22. 2. 1982. [DWDS]

„Großstadt und Provinz“ – schreibt ein Beobachter der Szene – „Einsamkeit, Demo, Schmerz, Zärtlichkeit, Ersatzdienst, Graffiti, Streit, Trennung, Ficken, Angst – das alles hat seine eigenen Geräusche und Farben.“

N. N.: Was braut sich da zusammen … In: Der Spiegel, 13. 12. 1982. [DWDS]

Und auch Joachim Müller wird bei den Fundis mit seinem Hinweis wohl weiter auf taube Ohren stoßen, die „Wahlen werden nicht im Szeneviertel von Hamburg und Frankfurt gewonnen“.

N. N.: „Wir haben einen Elfmeter vergeben“. In: Die Zeit, 20. 6. 1986, Nr. 26. [DWDS] (zeit.de)

Schon wird im Szeneviertel Kreuzberg ein Kiezschutz rekrutiert, als nächtliche Streife gegen Vergewaltiger.

N. N.: Der Bär ist los. In: Die Zeit, 13. 4. 1990, Nr. 16. [DWDS] (zeit.de)

In Prenzlauer Berg, in Mitte, in Friedrichshain wuchern seitdem in Abrißhäusern und ihrer Luxussanierung harrenden Objekten die Szenen einer Subkultur.

Ruthe, Ingeborg: Das metaphorische Konzept der versprochenen Orte. In: Berliner Zeitung, 28. 9. 1998. [DWDS]

Die „Gentrifizierung“ der Szeneviertel samt illegaler Kneipen und Party-Gelegenheiten, die rasche Kommerzialisierung des gesamten Milieus habe zu einer „Desintegration“ der Popinteressen geführt und ihren übergreifenden „Diskurs“ verhindert.

Balzer, Jens: Fortschritt, politisch gehaltvoll. In: Berliner Zeitung, 19. 6. 1999. [DWDS]

Nicht weit vom Alexanderplatz trifft man auf das Ausgeh- und Szeneviertel rund um die Hackeschen Höfe.

N. N.: Das neue Astron in Berlins City bietet viel Service für Geschäftsreisende. In: Berliner Zeitung, 31. 5. 2000. [DWDS]

Dieses Heer von Teenagern, angelockt von Taschengeld und der Aussicht auf digitales Equipment, soll dokumentieren, was sich an den Orten tut, an denen sich die Hipster tummeln: in angesagten Clubs und Konzerten, in Einkaufszentren, auf den Straßen der Szeneviertel.

N. N.: Denn sie wüssten gern, was sie tun. In: Die Zeit, 5. 10. 2000, Nr. 41. [DWDS] (zeit.de)

Studenten und junge Berufstätige zogen in dieses Szeneviertel und bildeten die Kundschaft der Friseure, Mode- und Trödelläden und Bars, die wie Pilze aus dem Boden schossen.

Der Tagesspiegel, 3. 4. 2001. [DWDS]

In den Szenevierteln ist bis in die späten Morgenstunden viel los.

Der Tagesspiegel, 30. 3. 2002. [DWDS]

Wie die Stadt danach aussehen soll, kann man in St. Pauli und im Schanzenviertel begutachten: Aus ehemaligen Arbeiterstadtteilen, dann »Szenevierteln« werden binnen kürzester Zeit exklusive Wohngegenden mit angeschlossenem Party- und Shopping-Kiez, auf dem Franchising-Gastronomie und Ketten wie H&M die Amüsierhorde abmelken. Die Hamburgische Kulturpolitik ist längst integraler Bestandteil eurer Eventisierungsstrategie.

N. N.: „Lasst den Scheiß!“. In: Die Zeit, 5. 11. 2009, Nr. 46. [DWDS] (zeit.de)

Dass dieNew York Times Braamfontein mit Brooklyns Hipsterviertel Williamsburg vergleicht, ist vor allem Levy zu verdanken.

N. N.: Der Umbauer. In: Die Zeit, 14. 3. 2013, Nr. 12. [DWDS] (zeit.de)

Von St. Georg als „cooles Szeneviertel“ schreiben bereits Lokalmedien.

N. N.: Der Traum vom schmuddelfreien Bahnhofsviertel. In: Die Zeit, 11. 4. 2014, Nr. 8. [DWDS] (zeit.de)

Dafür sorgen die jungen Szeneviertel, die oft nur wenige Steinwürfe vom Postkarten-Athen mit seinen typischen Sehenswürdigkeiten entfernt sind.

N. N.: Die Mutter aller Urlaubsländer. In: Die Zeit, 23. 4. 2014, Nr. 17. [DWDS] (zeit.de)

Doch man wohnt schließlich im angesagten Szeneviertel Schanze.

N. N.: Alternativ Wohnen gegen die Gentrifizierung. In: Die Zeit, 13. 5. 2014, Nr. 20. [DWDS] (zeit.de)

Der Stadtteil liegt zentral, nur ein paar Straßen weiter beginnt St. Katharinen, ein hippes, trendiges Szeneviertel.

N. N.: Eine Station vor der Bombe. In: Die Zeit, 22. 3. 2016 (online). [DWDS] (zeit.de)

Er war damals ein Szeneviertel, in dem viele junge Leute und Künstler lebten.

N. N.: Hippie, hippie, yeah! In: Die Zeit, 24. 8. 2017, Nr. 32. [DWDS] (zeit.de)